788 Buch VIII. Abschnitt 3. Der Erwerb der Erbschaft.
V. Annahme und Ausschlagung können nicht unter einer Bedingung oder
einer Zeitbestimmung erfolgen (1947). Insbesondre ist eine Ausschlagung „zu-
gunsten eines andern“ ungültig, da sie offenbar nur unter der Bedingung
wirksam sein soll, daß die Erbschaft infolge der Ausschlagung dem „andern“
wirklich anfällt.“
VI. Annahme und Ausschlagung können nur innerhalb bestimmter Frist
— der Ausschlagungsfrist — erklärt werden, nicht früher und nicht später.
1. Die Frist beginnt mit dem Tode des Erblassers (1946). Daß zu dieser
Zeit die Person des Erben noch unsicher ist, schadet nichts; insbesondre braucht
der Erbe mit seiner Erklärung nicht zu warten, bis das Testament des Erb-
lassers eröffnet ist. Ingleichen kann ein Nacherbe die Erbschaft ausschlagen,
ehe die Bedingung eingetreten ist, von der sein Erbrecht abhängt (2142); das
gleiche wird auch für die Annahme der Erbschaft durch den Nacherben gelten."
2. Die Dauer der Frist kann sehr verschieden sein. Sie beträgt nämlich
sechs Wochen von dem Zeitpunkt ab, in dem der Erbe von dem Anfall der
Erbschaft und dem Grunde seiner Berufung Kenntnis erlangt hat; ist der Erbe
durch Testament oder Erbvertrag berufen, so werden die sechs Wochen frühestens
von der Verkündung des Testaments oder Erbvertrages ab gerechnet; wenn
der Erblasser seinen letzten Wohnsitz nur im Auslande gehabt hat oder wenn
der Erbe sich bei Beginn der Sechswochenfrist im Auslande aufhält, treten an
Stelle der sechs Wochen sechs Monate (s. 1944).
Beispiele. I. A., der einzige gesetzliche Erbe B.s, ist von ihm auch durch Testament
zum Alleinerben eingesetzt; B. stirbt am 10. April; A. erfährt den Todesfall am 20. April
und hält sich sofort für den gesetzlichen Erben B.s, weil er von dessen Testament nichts
weiß; erst am 20. Oktober entdeckt A. das Testament und läßt es am 10. Dezember ver-
künden. Hier beginnt die Sechswochenfrist erst mit dem letztgenannten Tage; stellt sich jedoch
heraus, daß das Testament ungültig ist, so beginnt die Frist schon am 20. April. II. C ist
von D. auf Lebenszeit als Vor-, E. ist als Nacherbe eingesetzt; D. stirbt 1906, C. anfangs
1956. Hier beginnt die Ausschlagungsfrist für E. 1906 und endigt, wenn E. den Tod des C.
alsbald erfährt, 1956. III. F. ist 1905 der Erbe seiner fünfjährigen Base G. geworden, da
er ihr einziger Verwandter ist; er gibt zu, diesen Tatbestand bereits 1905 gekannt zu haben,
will aber trotzdem erst 1907 den „Anfall“ der Erbschaft erfahren haben, weil er bis dahin
über die rechtlichen Folgen des Todes der G. und seiner Verwandtschaft mit ihr gar nicht
nachgedacht habe. Hier kann F., wenn ihm nicht nachgewiesen wird, daß letztere Behauptung
unrichtig ist, die Erbschaft der G. noch 1907 ausschlagen.
VII. 1. Stirbt der Erbe vor Ablauf der Ausschlagungsfrist, so geht das
Recht zur Annahme und Ausschlagung der Erbschaft auf den Erben des Erben
über; und zwar endigt in diesem Fall die Ausschlagungsfrist für die dem
Erben von seiten des ersten Erblassers angefallene Erbschaft nicht früher als
die Ausschlagungsfrist für die dem Erbeserben von seiten des Erben angefallene
Erbschaft (1952 I, I).
Beispiel. A. stirbt am 1. April 1900 und wird von seinem schwerkranken Bruder V.
beerbt; B. stirbt, ohne den Tod A.## erfahren zu haben, am 2. April; C., der Testaments-
erbe B.8s, erfährt seine Erbschaft während einer Auslandsreise am 24. April 1900, eilt nach
4a) Vgl. Binder 1 S. 128. 5) Planck-Strohal Anm. 4 zu § 2142; abw. Kipp S. 25.