8 404. Annahme und Ausschlagung der Erbschaft. 789
Hause und erfährt nunmehr, daß er auch Erbeserbe A.s geworden ist. Hier beträgt die
Ausschlagungsfrist für die Erbschaft gegenüber B. und also auch gegenüber A. sechs Monate,
weil C., als er die Erbschaft gegenüber B. erfuhr, sich im Auslande aufhielt; sie endigt
also für beide Erbschaften erst am 24. Oktober 1900.
2. Von mehreren Erbeserben kann jeder den seinem Erbteil entsprechenden
Teil der Erbschaft ausschlagen (1952 III). Dieser Teil fällt dadurch nicht
den andern Erbeserben, sondern den andern Erben des ersten Erblassers zu. 7
VIII. Die Annahme und Ausschlagung der Erbschaft ist unwiderruflich.
Dagegen kann sie, wie jedes andre Rechtsgeschäft, wegen Irrtums, Betruges
oder Zwanges angefochten werden.
1. Die Anfechtungsfrist beträgt für alle Anfechtungsgründe gleichmäßig sechs Wochen,
ist also im Fall des Irrtums länger, im Fall des Betruges oder Zwanges kürzer als sonst;
hat der Erlasser seinen letzten Wohnsitz nur im Auslande gehabt oder hält der Erbe sich bei
Beginn der Frist im Auslande auf, so treten an Stelle der sechs Wochen sechs Monate
(1954 I, III).
2. Die Anfechtung muß gegenüber dem zuständigen Nachlaßgericht erfolgen und bedarf
der öffentlichen Beglaubigung (1955).
3. Die Anfechtung der Annahme gilt als Ausschlagung, die Anfechtung der Aus-
schlagung gilt als Annahme der Erbschaft (1957 I.
4. In gleicher Art wie die Annahme der Erbschaft kann auch die Versäumung der Aus-
schlagungsfrist vom Erben angefochten werden (1956), z. B. wenn der Erbe zu seiner Säumnis
durch arglistige Täuschung bestimmt ist. Analog wird man sagen: wie die Annahme, so
gilt auch die Versäumung der Ausschlagungsfrist als nicht erfolgt, wenn der Erbe über den
Berufungsgrund im Irrtum war (s. 1949 1I). Daß ein solcher Fall vorkommt, ist wohl
denkbar. Denn 1944 verlangt zwar bei Beginn der Ausschlagungsfrist, daß der Erbe den
richtigen Berufungsgrund gekannt hat, läßt dagegen die Frist fortlaufen, wenn der Erbe
nachträglich in einen Irrtum über den Berufungsgrund versetzt wird.
IX. Die Ausschlagung der Erbschaft ist wegen des Erfordernisses der
öffentlichen Beurkundung mit Mühen und Kosten verknüpft. Die Kosten hat der
Erbe zu tragen, auch wenn er seine Berufung zur Erbschaft in keiner Weise
veranlaßt hat: es ist Bürgerpflicht, anfallende Erbschaften anzunehmen oder
auf eigne Kosten auszuschlagen!
Beispiel. A. hat sich durch Wuchergeschäfte ein ansehnliches Vermögen erworben, wird
aber von seinen Kunden mit Prozessen bedroht; deshalb will keiner seiner Verwandten,
deren Zahl über 300 beträgt, sein Erbe werden. Hier sind über 300 Erbschaftsaus-
schlagungen nötig.
X. 1. a) Schlägt ein Erbe die Erbschaft rechtsgültig aus, so treten die-
jenigen Erben an seine Stelle, die zur Erbschaft berufen gewesen sein würden,
wenn jener vor dem Erblasser gestorben wäre. Und zwar wird der Eintritt
dieser Erben nicht erst mit dem Zeitpunkt wirksam, da der erstberufene Erbe
die Erbschaft ausgeschlagen hat, sondern wird auf die Zeit zurückbezogen, da
der Erblasser gestorben ist: es wird also angenommen, daß der Erstberufene
niemals Erbe geworden, sondern die Erbschaft sofort auf die an zweiter Stelle
berufenen Erben übergegangen sei (1953 I, II).
6 Strohal 2 S. 12 31. Vgl. Wilke Anm. 3 zu § 1952.
7) Wilke Anm. 5 zu § 1952; Binder 1 S. 139. Abw. Staudinger-Herzfelder Anm. 4
zu § 1952; Landsberg S. 1133; Strohal 2 S. 415. 8) Wendt, Arch. f. ziv. Pr. 92 S. 230.