Full text: Lehrbuch des Deutschen bürgerlichen Rechts. Zweiter Band. Das Sachenrecht. - Das Recht der Wertpapiere. - Das Gemeinschaftsrecht. - Das Recht der juristischen Personen. - Das Familienrecht. - Das Erbrecht. (2)

794 Buch VIII. Abschnitt 4. Die Rechtsstellung des Alleinerben. 
Beispiele. I. Hatte der Erblasser vor seinem Tode brieflich die Annahme eines ihm 
gemachten Kaufantrages erklärt, so ist der Kauf für und gegen den Erben wirksam, auch 
wenn der Annahmebrief erst nach dem Tode des Erblassers beim Antragsteller eingegangen 
ist (130 II). II. War der Erblasser zur Zeit seines Todes im Besitz einer Sache, so geht 
nicht bloß das Besitzrecht des Erblassers, sondern auch der Besitz selbst auf den Erben über 
(857). III. War der Erblasser zur Zeit seines Todes fälschlich als Eigentümer eines Grund- 
stücks im Grundbuch eingetragen, so tritt der Erbe auch in dies Scheineigentum ein (s. 892). 
4. Die Rechtsbeziehungen des Erblassers werden, soweit sie vererblich sind, 
auf den Erben unverändert übertragen, geradeso, wie sie beim Tode des Erb- 
lassers bestanden. 
Beispiel. Mit einer Nachlaßforderung geht auch das Konkursvorrecht, das dem Erb- 
lasser für diese Forderung zukam, auf den Erben über; dafür muß aber der Erbe sich auch 
alle Einwendungen gegen die Forderung gefallen lassen, die in der Person des Erblassers 
begründet waren. 
5. Die Rechtsbeziehungen des Erblassers werden, soweit sie vererblich sind, 
auf den Erben kraft Gesetzes übertragen. Es bedarf also, wenn ein Recht im 
Grundbuch auf den Namen des Erblassers eingetragen ist, der Umschreibung 
des Rechts auf den Namen des Erben nicht. 
II. Der Anfall der Erbschaft bewirkt aber nicht bloß, daß der Erbe in 
die alten Rechtsbeziehungen des Erblassers eintritt, sondern schafft nebenbei 
auch mancherlei neue Rechtsbeziehungen, die bei Lebzeiten des Erblassers noch 
nicht vorhanden waren. 
1. Hierher gehört zunächst die Verpflichtung des Erben, die Kosten der 
standesmäßigen Beerdigung des Erblassers zu tragen (1968). 
2. Hierher gehört ferner ein eigentümlicher erbrechtlicher Unterhaltsanspruch: 
ist bei Eintritt des Erbfalls oder des Falls der Nacherbfolge die Geburt eines 
Erben zu erwarten, so kann die Mutter, falls sie außerstande ist, sich selbst zu 
unterhalten, bis zur Entbindung standesmäßigen Unterhalt aus dem Nachlaß 
fordern (s. 1963, 2141). 
3. Hierher gehören endlich zahlreiche andre Rechte und Pflichten des 
Erben, die erst später, in anderm Zusammenhange, darzustellen sein werden, 
namentlich das Recht des Vertragserben, gewisse Schenkungen des Erblassers 
zu widerrufen, die Pflicht sämtlicher Erben, die ihnen vom Erblasser auferlegten 
Vermächtnisse zu berichtigen. 
III. 1. Was der Erbe infolge des Erbfalls erlangt, fließt mit seinem 
anderweitigen Vermögen zu einer einheitlichen Masse zusammen: es „gehört" 
eben dem Erben, geradeso wie ihm die Einzelgegenstände gehören, die er 
käuflich oder durch Schenkung erwirbt. 
2. Diese Einheitlichkeit des Erbenvermögens wird aber nicht mit Strenge 
durchgeführt. Im Gegenteil erleidet sie zahlreiche Ausnahmen. Genauer kann 
erst später auf diese eingegangen werden. Doch bedarf es hier folgender all- 
gemeiner Bemerkungen: 
a) In sämtlichen hierher gehörigen Ausnahmefällen wird das Erbenver- 
mögen mit Rücksicht auf den Erbfall in zwei verschiedene Massen zerlegt, die
	        
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