§ 408. Nachlaß und Privatvermögen des Erben. 795
ungeachtet dessen, daß sie alle beide dem Erben gehören, doch rechtlich von-
einander abgesondert werden, so daß eine jede als selbständiges Sondergut
erscheint. Die eine Masse heißt Nachlaß; die andre mag als Privatver-
mögen des Erben bezeichnet werden.
b) Werden Nachlaß und Privatvermögen voneinander getrennt, so fällt
in den ersteren nicht bloß, was der Erbe unmittelbar durch den Erbfall, sondern
auch, was er auf Grund eines Nachlaßrechts oder als Ersatz für eine Schmäle-
rung des Nachlasses oder durch ein auf den Nachlaß bezügliches Rechtsgeschäft
erst nachträglich erwirbt. Im Gesetz ist diese Regel allerdings nur für einige
besondre Fälle ausgesprochen (2041, 2111, 2019, 2374); sie ist aber analog
auch in allen andern Fällen anwendbar.
In zwei Fällen wird auch das zum Nachlaß gerechnet, was mit den Mitteln des
Nachlasses erworben ist, selbst wenn der Erwerb nicht „mit Bezug auf den Nachlaß"“, sondern
mit Bezug auf das Privatvermögen des Erben geschah (2019 I, 2111 Satz 1).
Daß eine für den Erben begründete Forderung der vorstehenden Regel gemäß zum
Nachlaß gehört, braucht der Schuldner, wie in den übrigen verwandten Fällen, erst dann
gegen sich gelten zu lassen, wenn er von der Zugehörigkeit Kenntnis erlangt (s. 2019 II,
2041 Satz 2, 2111 I Satz 2).
IV. Analoge Vorschriften gelten für die Erbenschulden.
1. Die Regel ist, daß die Verbindlichkeiten, die dem Erben infolge des
Erbfalls auferlegt werden, mit seinen sonstigen Verbindlichkeiten zu einer ein-
heitlichen Schuldenmasse zusammenfließen.
2. a) In zahlreichen Ausnahmefällen werden aber die Erbenschulden mit
Rücksicht auf den Erbfall in zwei verschiedene Massen zerlegt, die ungeachtet
dessen, daß der Schuldner beider der Erbe ist, doch rechtlich voneinander ab-
gesondert werden. Die Verbindlichkeiten der einen Masse heißen Nachlaß-
schulden; die Verbindlichkeiten der andern seien Privatschulden des
Erben genannt.
b) Werden Nachlaß= und Privatschulden getrennt, so gehören zu den
ersteren nicht bloß solche Verbindlichkeiten, die dem Erben unmittelbar durch
den Erbfall, sondern auch solche, die ihm durch ein auf den Nachlaß bezügliches
Rechtsgeschäft erst nachträglich aufgebürdet werden (s. KonkOrdn. 224).3
Möglich ist, daß die nachträgliche Begründung einer Nachlaßschuld auch auf nicht rechts-
geschäftlichem Wege erfolgt: nach dem Erbfall wird z. B. der Nachlaß rechtlos bereichert, das
vom Erblasser gehaltene Vieh oder ein baufälliges Nachlaßgebäude richtet Schaden an usw.
V. 1. Den Sätzen zu III und IV entsprechen folgende Regeln.
a) Wenn der Erblasser zur Zeit seines Todes Gläubiger oder Schuldner
des Erben war, geht seine Forderung oder seine Verbindlichkeit mit dem
Erbfall durch Konfusion unter, da ja Recht und Pflicht in der Person des Erben
nunmehr unterschiedslos zusammentreffen.
b) Die Konfusion von Forderung und Verbindlichkeit gilt aber als nicht
3) R. 62 S. 40.