8 409. Nachlaßschulden. Vorläufig unbeschränkte Haftung des Erben. Wartefrist. 799
a) bei dem Urteil, daß ihm seine Haftbeschränkung ausdrücklich vorbe-
halten werde (ZPO. 305, 780),
6) bei der Zwangsvollstreckung, daß sie sich auf solche Maßregeln be-
schränke, die zur Vollstreckung eines Arrests zulässig sind, d. h. also, daß sie
an der Stelle aufhöre, wo die Zwangsvollstreckung den Gläubigern nicht bloß
Sicherung, sondern Befriedigung verschafft (ZPO. 782, 928 ff.).
Beispiel. Der Erbe muß es sich gefallen lassen, daß die zum Nachlaß gehörige Fahrnis
während der Frist gepfändet, nicht aber auch, daß sie versteigert werde.
Man beachte, wie die Regeln zu 1 und 2 sich gegenseitig ergänzen. Vor allem: bald
ist die Frist zu 1 länger, bald die Frist zu 2. Ferner: zu 1 freie Zwangsvollstreckung in
den Nachlaß, keine Zwangsvollstreckung in das Privatvermögen; zu 2 beschränkte Zwangs-
vollstreckung sowohl in den Nachlaß wie in das Privatvermögen. Endlich: die Aufrechnung
von Forderungen der Nachlaßgläubiger gegen Privatforderungen des Erben ist zu 1 statt-
haft, zu 2 ausgeschlossen.
3. Sind die beiden Fristen abgelaufen, so zeigt sich die vorläufig unbe-
schränkte Haftung des Erben in voller Strenge: unterschiedslos unterwirft sie
nicht bloß den Nachlaß, sondern auch das Privatvermögen des Erben dem
Zugriff der Nachlaßgläubiger. Ihre Vorläufigkeit zeigt sich fortab nur darin,
a) daß sie vom Erben willkürlich abgeschüttelt werden kann,
b) daß das Recht hierzu dem Erben auf sein Verlangen in jedem von
einem Nachlaßgläubiger wider ihn erstrittenen Erkenntnis ausdrücklich vorbe-
halten werden muß (s. ZPO. 780).
IV. Die vorläufig unbeschränkte Haftung endigt, wenn nach den alsbald
zu besprechenden Regeln ein Fall der beschränkten oder der endgültig unbe-
schränkten Haftung des Erben eintritt. Hiervon abgesehn dauert sie fort, bis
die letzte Nachlaßschuld erloschen ist ; insbesondre dauert sie auch dann fort,
wenn der Erbe frist= und formgerecht ein Nachlaßinventar errichtet hat.
V. 1. Der Regel, daß der Erbe den Nachlaßgläubigern vom Erbfall an
nicht bloß mit dem Nachlaß, sondern auch mit seinem Privatvermögen haftet,
entspricht der Satz, daß er vom Erbfall an seinen Privatgläubigern nicht bloß
mit seinem Privatvermögen, sondern auch mit dem Nachlaß haftbar ist. Es
geraten demnach Nachlaß= und Privatgläubiger hüben wie drüben in Kon-
kurrenz. Und zwar stehn sie bei dieser Konkurrenz zu gleichem Recht. Dem-
nach sind die drei soeben entwickelten Regeln, daß die Nachlaßgläubiger bis
zur Erbschaftsannahme keine Zwangsvollstreckung in das Privatvermögen des
Erben betreiben dürfen, daß ihnen binnen der Wartefrist die Befriedigung aus
dem Gesamtvermögen des Erben verweigert werden darf, daß nach der Erb-
schaftsannahme und dem Ablauf der Wartefrist den Nachlaßgläubigern der
Zugriff auf das Privatvermögen des Erben unbeschränkt offensteht — es sind
alle diese Regeln auch gegenüber den Privatgläubigern mit Bezug auf den
Nachlaß anzuwenden (s. ZPO. 778 II, 783).
2. Doch haftet der Erbe, gerade wie gegenüber den Nachlaßgläubigern, so
8) Abw. Endemann 3 § 89 17.
Cosack, Bürgerl. Recht. 5. Aufl. II. 51