800 Buch VIII. Abschnitt 4. Die Rechtsstellung des Alleinerben.
auch gegenüber den Privatgläubigern nur vorläufig unbeschränkt: wie die
Haftung des Erben für die Nachlaßschulden auf den Nachlaß, so kann auch
seine Haftung für die Privatschulden auf das Privatvermögen beschränkt werden!
Wie dies geschieht, wird erst später zu erörtern sein. Hier sei nur der über-
sicht wegen erwähnt, daß die Haftbeschränkung gegenüber den Nachlaß= und
den Privatgläubigern höchst ungleich behandelt wird. Das Gesetz hat uns
folgende Kombinationen beschert:
a) Der Erbe haftet den Nachlaß= und den Privatgläubigern unbeschränkt
mit seinem Gesamtvermögen (s. oben zu V, 1 und unten § 412 III, 1).
b) Der Erbe haftet den Nachlaßgläubigern nur beschränkt mit dem Nach-
laß, den Privatgläubigern nur beschränkt mit dem Privatvermögen (s. unten
§ 410 VIII).
0) Der Erbe haftet den Nachlaßgläubigern nur beschränkt mit dem Nach-
laß, den Privatgläubigern unbeschränkt mit dem Gesamtvermögen (s. unten
8 411VID).
d) Der Erbe haftet den Nachlaßgläubigern unbeschränkt mit dem Gesami-
vermögen, den Privatgläubigern, wenigstens soweit es sich um Maßregeln ge-
richtlicher Zwangsvollstreckung handelt, nur beschränkt mit dem Privatvermögen
(s. unten 8 412 III, 2).
67) Beschränkte Haftung des Erben. Nachlaßsequestration.
8 410.
I. Die vorläufig unbeschränkte Haftung des Erben für die Nachlaßschulden
hat begrifflich die Fähigkeit, in eine „beschränkte“ Haftung verwandelt zu
werden. Doch ist diese Verwandlung für die Nachlaßgläubiger offenbar höchst
gefährlich und wird ihnen deshalb in der Regel bloß dann zugemutet, wenn
ihnen zugleich eine formelle Gewähr dafür geboten wird, daß der Nachlaß in
erster Reihe zu ihrer Befriedigung verwendet werde. Als solche Gewähr dient
die gerichtliche Sequestration des Nachlasses. Sie findet in zwei ver-
schiedenen Formen statt: wenn die Überschuldung des Nachlasses feststeht, als
Nachlaßkonkurs, andernfalls als (amtliche) Nachlaßverwaltung.
II. 1. Der Nachlaßkonkurs wird vom Konkursgericht, d. h. dem-
jenigen Amtsgericht eröffnet, in dessen Bezirk der Erblasser zur Zeit seines
Todes den letzten allgemeinen Gerichtsstand hatte (Konk Ordn. 214).
a) Die Konkurseröffnung erfolgt nur auf Antrag. Antragsberechtigt ist
der Erbe und, von gewissen später zu erwähnenden Ausnahmen abgesehn, jeder
Nachlaßgläubiger; das Antragsrecht des Erben ist zeitlich nicht beschränkt,
während das der Gläubiger mit Ablauf von zwei Jahren seit der Erbschafts-
annahme erlischt (KonkOrdn. 217, 219, 220).
1) Abw. Binder 2 S. 84.