§ 410. Nachlaßkonkurs und Nachlaßverwaltung. 807
bei gleicher streng wörtlicher Auslegung von 1984 auch annehmen, daß der Erbe die Ver-
fügung über die Nachlaßgegenstände infolge der Sequestration für immer einbüßt.
Nicht ausgehoben werden durch die Beendigung der Segquestration die Ersatzansprüche
des Erben gegen den Konkurs= oder Nachlaßverwalter. Gilt ein gleiches auch für die Ersatz-
ansprüche der Nachlaßgläubiger?
2. Eine wichtige Ausnahme von der Regel zu 1 greift zugunsten des
Erben Platz, wenn der Nachlaßkonkurs durch Verteilung der Masse beendigt
ist: hier haftet der Erbe den Nachlaßgläubigern, die in dem Konkurse keine
oder bloß unvollständige Befriedigung gefunden haben, nur in Höhe seiner
Bereicherung, gerade so, wie wenn die Gläubiger öffentlich aufgeboten und
durch Urteil mit ihren Ansprüchen ausgeschlossen worden wären (1989; s. unten
§ 413 D.
Die nämliche Ausnahme soll gelten, wenn der Konkurs durch Zwangsvergleich beendigt
wird (1989). Doch hat diese Vorschrift, so allgemein sie lautet, keinen Bezug auf die An-
sprüche der Nachlaßgläubiger, die zu den gewöhnlichen Konkursgläubigern zählen; denn deren
Ansprüche stützen sich auf Zusagen, die der Erbe bei Abschluß des Zwangsvergleichs persön-
lich abgegeben hat, und es wäre schlechterdings unverständlich, wenn der Erbe für die Er-
füllung dieser Zusagen nur in Höhe seiner Bereicherung haften sollte; vielmehr ist anzu-
nehmen, daß er für die Erfüllung des Zwangsvergleichs endgültig unbeschränkt haftbar ist,
es müßte denn sein, daß der Vergleich ein andres bestimmt. Ebensowenig hat die Vorschrift
Bezug auf die Massegläubiger, die bevorrechtigten Konkursgläubiger usw., weil sie von dem
Zwangsvergleich überhaupt nicht berührt werden. Somit wird das Geltungsgebiet der Vor-
schrift auf die kleine Gruppe von Nachlaßgläubigern beschränkt, die erst hinter den gewöhn-
lichen Konkursgläubigern befriedigt werden; ein Beispiel sind Gläubiger, deren Forderung
sich auf ein Schenkungsversprechen des Erblassers stützt.
Fleck und Jäger wollen die eben besprochene Ausnahmevorschrift auch auf gewöhnliche
Nachlaßgläubiger ausdehnen, sofern sie die Anmeldung ihrer Forderungen zum Nachlaß-
konkurse unterlassen haben: sie müßten nach Analogie von Nachlaßgläubigern behandelt
werden, deren Anmeldung im Aufgebotsverfahren unterblieben sei; der Erbe hafte also auch
ihnen gegenüber nur auf die Bereicherung.? Nun ist zuzugeben, daß praktisch vieles für
diese Behauptung spricht. Doch scheitert sie daran, daß sie sich mit Konk Ordn. 193 nicht ver-
einigen läßt; auch wird im Aufgebotsverfahren den Nachlaßgläubigern ausdrücklich ange-
droht, der Erbe werde ihnen bei Nichtanmeldung ihrer Forderungen nur in Höhe seiner
Bereicherung haften (ZPO. 947 Nr. 3), während im Nachlaßkonkurse eine solche Androhung
nicht stattfindet.
VII. Denkbar ist, daß nach Beendigung der Segquestration der Konkurs
oder die Nachlaßverwaltung ein zweites Mal eingeleitet werden muß, nament-
lich wenn nachträglich neue Nachlaßaktiva oder neue Nachlaßschulden entdeckt
werden. Alsdann treten die Wirkungen der Sequestration von neuem ein.
VIII. 1. a) Die Einleitung der Nachlaßsequestration hat nicht bloß auf
die Haftung des Erben gegenüber den Nachlaßgläubigern, sondern auch auf
die Haftung des Erben gegenüber seinen Privatgläubigern den allergrößten
Einfluß: wie jene Haftung auf den Nachlaß, so wird diese auf das Privat-
vermögen des Erben beschränkt. Damit ist während der Dauer der Segquestra-
tion eine Konkurrenz zwischen Nachlaß= und Privatgläubigern gänzlich aus-
geschlossen.
7) Fleck, Arch. f. BR. 14 S. 62; Jäger Anm. 18 zu Konk.Ordn. 230; Planck-Strohal
Anm. 3 zu § 1989. Gegen sie Seuffert, Konkursprozeßrecht S. 435 5; Binder 2 S. 183.