§ 415. Haftung der Miterben für die Nachlaßschulden. 825
2. Jeder Miterbe kann die Maßregeln, die nötig sind, um ihm die Vor-
teile der beschränkten Haftung zu verschaffen oder zu erhalten, unabhängig von
den andern Erben treffen; namentlich kann ein jeder von ihnen die Eröffnung
des Nachlaßkonkurses und das Aufgebot der Nachlaßgläubiger beantragen so-
wie ein Nachlaßinventar errichten (2063 I; KonkOrdn. 217 I, II; 8P. 99110).
Doch kommen, wenn er von diesem Recht Gebrauch macht, die von ihm ge-
troffenen Maßregeln nicht bloß ihm selber, sondern auch den andern untätig
gebliebenen Miterben zugut, es sei denn, daß sie zu der Zeit, da jene Maß-
regeln geschahn, bereits der endgültig unbeschränkten Haftung verfallen waren
(2063 1I; 38PO. 997).
Beispiel. Es sind vier Miterben A., B., C. und D. vorhanden; auf Antrag eines
Nachlaßgläubigers wird dem A., dem B. und dem C. durch Gerichtsbeschluß eine zweimonatige
Inventarfrist bestimmt; der Beschluß wird dem A. und dem B. am 3., dem C. am 5. März
zugestellt; A. errichtet ein formgerechtes Inventar am 4. Mai. Hier hilft dies Inventar
ihm selbst und dem B. nichts: denn für sie beide kommt es zu spät; wohl aber können C.
und D. sich darauf berufen.
Eine Ausnahme gilt für den Antrag auf Einleitung der Nachlaßverwaltung und für
den Vorschlag zum Abschluß eines Zwangsvergleichs im Nachlaßkonkurse: beide müssen von
sämtlichen Miterben ausgehn (2062; Konk Ordn. 230 1). Das gleiche gilt bis zur Nachlaß-
teilung für den Antrag auf Zwangsversteigerung eines Nachlaßgrundstücks (s. RZw Ges. 175).
II. Mit der Unterscheidung der vorläufig unbeschränkten, der beschränkten
und der endgültig unbeschränkten Haftung der Miterben sind die verschiedenen
Arten, in denen die Miterben für die Nachlaßschulden haften können, bei weitem
nicht erschöpft. Vielmehr ist noch eine zweite nicht minder wichtige Unter-
scheidung geboten: die Miterben haften entweder zur gesamten Hand oder als
Gesamtschuldner oder nach Verhältnis ihrer Erbteile als Teilschuldner.
1. Vor der Teilung des Nachlasses können diese drei Haftungsarten
wegen derselben Schuld unter denselben Parteien nebeneinander vorkommen.
Die Nachlaßgläubiger können nämlich nach Gutdünken den Zugriff erstlich auf
einzelne Nachlaßgegenstände oder zweitens auf die Anteile der Miterben am
Gesamtnachlaß oder drittens, wenn die Miterben für die Nachlaßschulden
endgültig unbeschränkt haftbar sind, auch auf ihr Privatvermögen nehmen.
Und jeder dieser drei Arten des Zugriffs entspricht je eine jener drei Arten
der Haftung!
a) Wenn der Gläubiger den Zugriff auf einzelne Nachlaßgegenstände
nimmt, haften ihm die Erben zur gesamten Hand: er muß sie also alle zu-
sammen belangen (2059 1).
b) Wenn der Gläubiger den Zugriff auf die Anteile der Miterben am
Gesamtnachlaß nimmt, haften ihm die Erben als Gesamtschuldner: er kann
also jeden Erben getrennt belangen, und zwar einen jeden wegen seiner ganzen
Forderung (2058, 2059 1 Satz 1).2
Jc) Wenn der Gläubiger den Zugriff auf das Privatvermögen der Erben
2) RG. 71 S. 371.