28 Buch VIII. Abschnitt 4. Die Rechtsstellung der Miterben.
sondre Erbteile behandelt werden (2007). Diese Regel ist zweideutig; denn sie sagt nicht, ob
der Alleinerbe wie Miterben vor oder wie Miterben nach der Nachlaßteilung haften soll.
Wie es scheint, ist bald das eine, bald das andere anzunehmen?, wenn man es nicht vor-
zieht, die Regel als unverständlich ganz unbeachtet zu lassen. Ihre praktische Tragweite sei
durch folgendes Doppelbeispiel erläutert. I. A. setzt testamentarisch seine Frau B. auf ½,
seinen Sohn C. auf 8 zu Erben ein, indem er zugleich die Frau zur Pflege des Grabes
eines vorverstorbenen Kindes verpflichtet, also die Erbteile der beiden Erben verschieden be-
schwert; Frau B. nimmt ihr Drittel an; nachträglich stellt sich heraus, daß der Nachlaß A.#
überschuldet ist; deshalb schlägt nach langem Zaudern der im Auslande weilende C. seine
Zweidrittel aus und macht dadurch Frau B. zur Alleinerbin; es wird Nachlaßkonkurs er-
öffnet, in dem die Nachlaßgläubiger einen Ausfall von 30000 Mk. erleiden. Nun nehme
man an, daß der B. eine Inventarfrist bestimmt worden ist und daß sie die Frist versäumt
hat, noch ehe C. seine ½ ausgeschlagen hatte. Hier haftet die B. für den Ausfall geteilt,
nämlich für ½ endgültig unbeschränkt, für 8 nur in Höhe ihrer Bereicherung aus dem
Nachlaß ?, die gleich Null ist. Sie muß also aus ihrem Privatvermögen 10000 Mk. zahlen.
II. Gleicher Fall: nur hat A. in seinem Testament die Pflege des Kindergrabes nicht bloß
der B., sondern auch dem C. auferlegt; die Erbteile beider sind also gleich beschwert. Die
Folge ist, daß Frau B. für den Ausfall der Nachlaßgläubiger nicht bloß mit ihrem ur-
sprünglichen ½, sondern auch mit den ¾, die ihr erst durch die Ausschlagung des C. zu-
gefallen sind, endgültig unbeschränkt haftet. Sie muß also aus ihrem Privatvermögen
30000 Mk. zahlen! Offenbar eine gesetzgeberische Finesse ersten Ranges!
3. Uerhältnis der Miterben untereinander.
a) Rechtsverhältnis während der Dauer der
Erbengemeinschaft.
§ 416.
Die Gemeinschaft, die durch den Erbfall zwischen den Miterben begründet
wird, kann geraume Zeit andauern. Währenddessen kommen für ihre Rechts-
beziehungen zueinander die Regeln von der Gemeinschaft nach Bruchteilen zur
Anwendung, namentlich für das Recht jedes Miterben, einen Nachlaßgegenstand
zu benutzen, für seine Verpflichtung, einen Beitrag zu den Kosten der Nachlaß-
verwaltung zu leisten, für die Wirksamkeit eines Mehrheitsbeschlusses der Mit-
erben usw. (2038).
Doch sind für die Miterben zwei Sonderregeln aufsgestellt.
I. Jeder Miterbe ist verpflichtet, bei allen Maßregeln, die zur ordnungsmäßigen Ver-
waltung des Nachlasses erforderlich sind, mitzuwirken (2038 1 Satz 2).
II. Eine Teilung der Früchte zwischen den Miterben findet erst bei der Auseinander-
setzung statt; nur wenn diese auf länger als ein Jahr ausgeschlossen ist, kann jeder Mit-
erbe die Teilung der Früchte alljährlich fordern (2038 II).
6) Planck-Strohal Anm. 74 zu § 2007.
7) Abw. Binder 2 S. 238.
8) Vgl. Planck-Strohal Anm. 3 zu § 2007.