838 Buch VIII. Abschnitt 4. Die Rechtsstellung des Vorerben.
2. Wird durch das Verhalten des Vorerben oder durch seine ungünstige
Vermögenslage die Besorgnis einer erheblichen Verletzung der Rechte des Nach-
erben begründet, so hat der Vorerbe auf Verlangen des Nacherben Sicherheit
zu leisten (2128 1).
Ist er zur Sicherheitsleistung rechtskräftig verurteilt, so wird ihm, wenn er binnen
einer ihm vom Gericht gesetzten Frist dem Urteil nicht nachkommt, auf Antrag des Nacherben
die Verwaltung der Erbschaft entzogen und für seine Rechnung einem Zwangsverwalier
übertragen; zum Zwangsverwalter kann auch der Nacherbe bestellt werden; wird die Sicherheit
nachträglich geleistet, so ist die Zwangsverwaltung aufzuheben (2128 II, 1052).
3. Ist der Nacherbe noch nicht gezeugt oder seine Person ungewiß, so kann zur Wahr-
nehmung seiner Rechte gegenüber dem Vorerben ein Pfleger oder auch ein Testamentsvoll-
strecker bestellt werden (1913 Satz 2, 2222).
IV. 1. Trotz der Bedingtheit oder zeitlichen Beschränktheit seines Rechts
ist der Vorerbe zur Verfügung über den Nachlaß berechtigt und zwar nicht
bloß, wie selbstverständlich, über die ihm verbleibenden Nutzungen, sondern auch
über die dem Nacherben gebührende Substanz des Nachlasses; er ist also in
dieser Beziehung unvergleichlich freier gestellt als ein bloßer Nießbraucher; nur
wenn der Nachlaß in Zwangsverwaltung genommen wird, ist dem Vorerben
die Verfügung über die Nachlaßsubstanz entzogen (2129). Die Verfügungen
des Vorerben sind von zwiefacher Art.
a) Gewisse Verfügungen sind nur unbeschadet der Rechte des Nacherben
wirksam. Sie werden also mit Eintritt der Nacherbfolge von selber hinfälli,
soweit sie das Recht des Nacherben beeinträchtigen würden, es sei denn, daß
der Rechtsmangel des Vorerben allgemeiner Regel gemäß durch den guten
Glauben der Gegenpartei ausgeglichen wird. Hierher gehören:
a) Alle unentgeltlichen Verfügungen des Vorerben, sofern sie nicht durch
Sitte oder Anstand geboten sind (2113 II, III).
6) Alle Verfügungen des Vorerben über Grundstücke; ausgenommen ist
aber die Überlassung eines Nachlaßgrundstücks an einen Mieter oder Pächter:
bezüglich ihrer ist der Nacherbe auf das Kündigungsrecht beschränkt, das dem
Eigentümer eines Nießbrauchsgrundstücks gegen die Miet= und Pachtverträge
des Nießbrauchers zusteht (2113 I, III, 2135).
9) Alle Verfügungen des Vorerben über Rechte an Grundstücken; nur
für Pfandrechte an Grundstücken ist dem Vorerben wenigstens die Kündigung
und die Einziehung freigegeben; doch gilt auch hier eine Beschränkung: der
Vorerbe kann bloß verlangen, daß das Kapital an ihn nach Beibringung der
Einwilligung des Nacherben gezahlt oder daß es für ihn und den Nacherben
hinterlegt wird (2113 I, III, 2114).
Selbstverständlich bleiben die Verfügungen zu a auch nach Eintritt der Erbfolge in
Kraft, sobald der Nacherbe ihnen zustimmt. Ist eine dieser Verfügungen zur ordnungs=
mäßigen Verwaltung der Erbschaft, z. B. zur Berichtigung von Nachlaßschulden, erforderlich,
so ist der Nacherbe verpflichtet, seine Einwilligung zu erteilen (2120).
b) Alle andern Verfügungen des Vorerben gelten auch über die Zeit ber
Vorerbschaft hinaus, selbst wenn die Gegenpartei die Bedingtheit oder zeilliche