8 420. Verfügungen des Vorerben über Nachlaßgegenstände. 839
Beschränktheit der Rechte des Vorerben gekannt hat (2112). Doch ist der
Vorerbe schadensersatzpflichtig, wenn er diese seine Verfügungsmacht zum Nach-
teil des Nacherben schuldhaft mißbraucht.
2. Der Vorerbe behält seine Verfügungsmacht auch nach Eintritt der
Nacherbfolge so lange, als er das Erlöschen seines Erbrechts weder kennt noch
kennen muß; doch kann sich ein Dritter auf diese Regel nicht berufen, wenn
er seinerseits bei Vornahme des Rechtsgeschäfts den Eintritt der Nacherbfolge
gekannt hat oder hätte kennen müssen (2140).
3. Beschränkter als die Verfügungsmacht des Vorerben ist, wenn er in Konkurs ver-
fällt, die Verfügungsmacht des Konkursverwalters: dessen Verfügungen sind ohne Unterschied,
ob sie entgeltlich oder unentgeltlich sind und ob sie Grundstücke oder andre Gegenstände
betreffen, insoweit unwirksam, als sie die Rechte des Nacherben beeinträchtigen (2115; Konk-
Ordn. 128; B3PO. 773). Auf den Fall des Nachlaßkonkurses ist diese Regel natürlich nicht
auszudehnen.
4. Urteile, die zwischen dem Vorerben und einem Dritten über einen Nachlaßgegenstand
ergehn, wirken, wenn sie vor Eintritt der Nacherbfolge rechtskräftig werden, zugunsten des
Nacherben immer, zuungunsten des Nacherben nur dann, wenn der Vorerbe über den
Gegenstand ohne Zustimmung des Nacherben zu verfügen imstande war (3PO. 326, 728 1).
V. Ist der Fall der Nacherbfolge eingetreten, so erlischt damit das Erb-
recht des Vorerben von selbst. Er hat demgemäß den Nachlaß an den Nach-
erben herauszugeben und auf Verlangen Rechenschaft abzulegen (2130). Und
zwar hat der Vorerbe die Erbschaft in dem Zustande herauszugeben, der sich
bei einer bis zur Herausgabe fortgesetzten ordnungsmäßigen Verwaltung ergibt;
doch steht er bei etwaigen Mißgriffen in der Verwaltung nur für diejenige
Sorgfalt ein, die er in eignen Angelegenheiten anzuwenden pflegt (2130 I, 2131).
Für Gegenstände, die er für sich verwendet hat, muß er Wertersatz leisten; dagegen ist
er haftfrei, wenn Erbschaftssachen lediglich durch ordnungsmäßige, d. h. die Substanz
schonende Benutzung verändert, abgenutzt oder allmählich verbraucht sind; die Nutzungen
der Erbschaft sind dem Nacherben nur soweit herauszugeben, als sie auf die Zeit nach Ein-
tritt der Nacherbfolge entfallen (2134, 2132, 2133).
Für die Auseinandersetzung zwischen Vor= und Nacherben wegen der Nutzungen der
Erbschaft kommen, wenn es sich um die Nutzungen landwirtschaftlicher Grundstücke handelt,
die Regeln von der Pacht, sonst die allgemeinen Regeln zur Anwendung (2130, 101 ff.).
Ülber Nutzungen, die der Vorerbe ordnungswidrig oder übermäßig gezogen, siehe 2133 (1039).
Aufwendungen des Vorerben für die Erbschaft sind nach ähnlichen Regeln zu er-
statten wie Aufwendungen des Nießbrauchers für die Nießbrauchsache (2124—2126). Doch
ist der Vorerbe dadurch begünstigt, daß ihm Aufwendungen, die er zum Zweck der Erhaltung
von Erbschaftsgegenständen den Umständen nach für erforderlich halten durfte und die nicht
zu den gewöhnlichen Erhaltungskosten gehören, unbedingt zu ersetzen sind (2124 1I), während
sie einem Nießbraucher nur wie einem austraglosen Geschästsführer erstattet werden müssen.
Hiernach ist der Vorerbe auch dann ersatzberechtigt, wenn der Nacherbe sich die Aufwendung
verbeten hatte, während der Nießbraucher für eine Aufwendung, die der Eigentümer sich
verbeten hatte, nur in Höhe der Bereicherung des Eigentümers Ersatz fordern kann
(s. 683, 684).
Das Erstattungsrecht des Vorerben fällt natürlich fort, wenn er seine Aufwendungen
aus der dem Nacherben herauszugebenden Erbschaft bestritten hatte. Ja es kann in diesem
Fall das Erstattungsrecht des Vorerben sich in eine Erstattungspflicht verwandeln, z. B.
wenn die Auswendungen zu den gewöhnlichen Erhaltungskosten gehörten (2124 I, 2134).