8 422. Der Testamentsvollstrecker. 843
Erben in Ansehung des Nachlasses?; er ist also in seiner Eigenschaft als
Testamentsvollstrecker nicht selber Erbe, sondern dazu berufen, im Auftrage des
Erblassers gewisse Nachlaßangelegenheiten namens der Erben zu erledigen.
Doch wird vielfach bestritten, daß der Testamentsvollstrecker als Vertreter der
Erben anzusehn sei, und statt dessen behauptet, er übe die ihm übertragenen
Befugnisse als Vertrauensmann (Treuhänder, Fiduziar) des Erblassers im eignen
Namen aus.“
1. Wenn mehrere TV. aufeinander folgen, muß die gegnerische Theorie den zweiten
TV. als Rechtsnachfolger des ersten ansehn und demgemäß auf die von dem ersten TV.
oder gegen ihn anhängig gewordenen Nachlaßprozesse die für den Fall eines Parteiwechsels
geltenden Regeln (3PO. 239, 727 usw.) anwenden. Dagegen nimmt die von mir verteidigte
Theorie an, daß nicht ein Wechsel der Partei, sondern nur ein Wechsel des Parteivertreters
vorliegt, und das dürfte das natürlichere sein. 2. Nach der gegnerischen Theorie ist ein
TV., der ein Nachlaßgrundstück in Besitz genommen hat, nicht Besitzvertreter, sondern Selbst-
besitzer. Auch das macht Schwierigkeiten für den Fall, daß mehrere TV. aufeinander folgen
oder daß die Testamentsvollstreckung ganz erlischt. 3. Gegen meine Theorie scheint zu
sprechen 5, daß es Fälle gibt, in denen der TV. Ansprüche gegen die Erben erheben und im
Prozeßwege verfolgen kann (s. 2206 II, 2208 II), und daß ebenso auch umgekehrt die Erben
in die Lage kommen können, einen Prozeß gegen den TV. anzustrengen. Sollen hier nun
wirklich die Erben mit ihrem eignen Vertreter, also mit sich selber prozessieren? Ich sehe
nun aber nicht ein, warum man diese Frage unbedingt verneinen soll: so wenig Rechts-
geschäfte einer Partei mit sich selbst gänzlich ausgeschlossen sind (181), so wenig braucht man
Prozesse einer Partei mit sich selbst für ganz ausgeschlossen zu halten. Und ist man in
dieser Beziehung andrer Meinung, so braucht man deshalb die Theorie, daß der TV. die
Erben vertritt, eben nur für die Fälle zu verwerfen, in denen TV. und Erben miteinander
streiten, kann sie dagegen im übrigen unbedenklich beibehalten.“
UÜbrigens gibt es außer den beiden oben erwähnten noch andre Theorien über die
Rechtsstellung des TV.s. I. Meischeider sieht den TV. als den Vertreter des Erblassers
an.7 Daß das gezwungen ist, liegt auf der Hand. II. Sturm und Hellwigs erklären
den TV. für den Vertreter des Nachlasses als einer Vermögensmasse ohne juristische Per-
sönlichkeit. Damit wird eine der bisherigen Theorie fremde Rechtsfigur eingeführt. Das
ist nur zu billigen, wenn die bisherige Theorie zur Erklärung des geltenden Rechts un-
zureichend ist, und ich kann nicht zugeben, daß dieser Fall hier vorliegt.
III. Die Zuständigkeit des Testamentsvollstreckers ist gesetzlich wie folgt
bestimmt:
1. Seine Hauptaufgabe ist eine zwiefache.
a) Er hat erstlich die Verfügungen, die der Erblasser von Todes wegen
getroffen, zur Ausführung zu bringen, namentlich die vom Erblasser angeord-
neten Vermächtnisse zu vollziehn (2203).
3) Jäger, Erbenhaftung S. 40 14; Weißmann, Lehrb. d. Zivilprozeßrechts (03) 1 S. 74, 76;
Landsberg S. 1202.
4) RG. 56 S. 330, 59 S. 365, 61 S. 145; Strohal § 40b; Endemann 3 § 5216;
Schultze, Jahrb. f. Dogm. 43 S. 64; Struckmann-Koch Anm. 3 zu BPO. 52; Planck-Unzner
Anm. 2 vor 2197.
5) Schultze a. a. O. S. 65.
6) L. Seuffert Vorbemerk. 2c vor 3PO. 50.
7) Meischeider, letztw. Verfügungen S. 459.
8) Sturm, L. v. d. TV. n S. 37, 60; Hellwig, Anspruch S. 74, 220; ders., Lehrb.
d. D. Zivilprozeßrechts 1 (03) S. 301.