§ 425. Die Nachlaßgläubiger beim Erbschaftskauf. § 426. Erbschaftsbesitz. 853
VI. Der Erbschaftsbesttzer.!
g 426.
I. Eine eigentümliche Anderung erfährt die Rechtsstellung der Erben,
wenn ihnen ein Erbschaftsbesitzer gegenübertritt, d. h. wenn jemand auf
Grund eines ihm in Wirklichkeit nicht zustehenden Erbrechts irgend etwas aus
dem Nachlaß erlangt (2018).
1. Erbschaftsbesitzer ist nur, wer etwas „aus dem Nachlaß erlang4t“".
Deshalb gehört nicht hierher, wer den wahren Erben in dem Besitz einer
Nachlaßsache stört, ohne ihn daraus zu verdrängen, oder wer ihn aus dem
Besitz verdrängt, ohne sich selber zum Besitzer zu machen.
Planck Ritgen? meint, Erbschaftsbesitzer sei nicht, wer den Besitz einer Nachlaßsache
schon bei Lebzeiten des Erblassers erlangt hat. Das scheint mir nicht richtig. Will z. B.
ein Ehemann nach dem Tode seiner Frau deren Vermögen an die von ihr testamentarisch
eingesetzten Erben nicht herausgeben, weil das Testament ungültig und er der wahre Erbe
sei, so ist er im Verhältnis zu den Testamentserben sicher als Erbschaftsbesitzer anzusehn,
obschon er das Vermögen der Erblasserin schon bei ihren Lebzeiten in Besitz genommen hat.
Dem steht auch das Gesetz nicht entgegen; denn der Ehemann hat auf Grund seines an-
geblichen Erbrechts in der Tat etwas aus dem Nachlaß „erlangt“, nämlich den Fremdbesitz,
den er bis zum Tode der Frau ausübte, in Eigenbesitz verwandelt.
R. Leonhard lehrt, daß Erbschaftsbesitzer nur sei, wer Nachlaßsachen in seinen Eigen-
besitz gebracht hat.s Indeß ist als Erbschaftsbesitzer im Sinn des Gesetzes auch anzusehn,
wer eine Nachlaßhypothek im Grundbuch auf seinen Namen hat umschreiben lassen.
2. Erbschaftsbesitzer ist nur, wer etwas aus dem Nachlaß „auf Grund
eines Erbrechts“, d. h. unter der ausdrücklichen oder stillschweigenden Behaup-
tung eines Erbrechts erlangt. Deshalb gehört nicht hierher, wer Nachlaßsachen
an sich bringt und sich dabei einer Rechtsbehauptung gänzlich enthält oder sich
auf ein andres Recht als ein Erbrecht stützt. Gleichgültig ist dagegen, ob der
Erbschaftsbesitzer die Behauptung des Erbrechts in gutem Glauben ausstellt
und ob er die Behauptung auch nachträglich festhält.
Beispiel. Nach dem Tode des Gutsbesitzers A. nehmen seine Nachbarn B. und C.
eigenmächtig Grenzberichtigungen vor, da D., der Erbe A.s, im Auslande weilt; B. tut es
heimlich, indem er nachts die Grenzsteine versetzt; C. tut es öffentlich, indem er eine ganze
Wiese A.s in Besitz nimmt und dabei behauptet, die Wiese gehöre zu seinem Gut und nicht
zu dem des A.; schließlich meldet sich E., ein Verwandter A.#, mit der Behauptung, daß
er der Erbe sei, und verpachtet das Gut an einen dritten Nachbarn F.; F. ergreift auch
den Pachtbesitz des Guts. Hier ist nur E. (mittelbarer) Erbschaftsbesitzer; B., C. und F.
sind es nicht.
3. Erbschaftsbesitzer ist nur, wer etwas aus dem Nachlaß auf Grund
eines „in Wirklichkeit nicht bestehenden" Erbrechts erlangt. Doch gilt als
1) R. Leonhard, Erbschaftsbesitz (99).
2) Planck-Ritgen Anm. 2c zu § 2018.
3) Leonhard S. 19. Gegen ihn Strohal § 94 , 1°.