854 Buch VIII. Abschnitt 4. Die Rechtsstellung der Erben.
„nicht bestehend“ auch ein anfänglich bestehendes, aber nachträglich mit rück-
wirkender Kraft fortgefallenes Erbrecht; ingleichen das Erbrecht eines Mit-
erben, der sich zu Unrecht in den Alleinbesitz des Nachlasses gesetzt hat.
Beispiel. Erbschaftsbesitzer ist, wer als erstberufener Erbe Erbschaftssachen in Besitz
nimmt, später aber die Erbschaft ausschlägt. Dagegen ist als Erbschaftsbesitzer nicht an-
zusehn der Vorerbe bei Eintritt der Nacherbfolge; denn als dieser die Erbschaft „erlangte“,
hatte er ein gültiges Erbrecht, und davon, daß dies Erbrecht durch den Eintritt der Nach-
erbfolge rückwirkend beseitigt wäre, ist keine Rede.“
4. Dem Erbschaftsbesitzer steht gleich, wer von ihm die Erbschaft als Ganzes, nicht
aber auch, wer von ihm nur vereinzelte Nachlaßgegenstände erwirbt, also namentlich der
Erbschaftskäufer (s. 2030).
II. Die erste Folge des Gegenübertretens von Erben und Erbschaftsbesitzer
ist, daß fortab alles, was letzterer mit den Mitteln des Nachlasses rechts-
geschäftlich erwirbt, als Teil des Nachlasses angesehn wird und also sofort,
sobald es erworben ist, nicht dem Erbschaftsbesitzer, sondern den Erben gehört
(2019 0).
Beispiel. A. nimmt als Testamentserbe B.s dessen Nachlaß in Besitz, verkauft die zum
Nachlaß gehörigen Wertpapiere und schafft mit dem Erlöse ein Haus an; zehn Jahre später
stellt sich heraus, daß das Testament, auf das A. sein Erbrecht gründet, widerrufen und
nicht A., sondern C. der Erbe B.s ist. Hier gehört das von A. erworbene und selbstver-
ständlich im Grundbuch auf dessen Namen eingetragene Haus nicht dem A., sondern dem C.
Die Folge ist, daß, wenn A. in Konkurs versallen ist, dem C. wegen des Hauses ein Aus-
sonderungsrecht zusteht, sowie daß, wenn A. das Haus an einen sachkundigen Dritten ver-
äußert hat, C. das Haus gegenüber diesem vindizieren kann.
Zweifelhaft ist, ob die vom Erbschaftsbesitzer angeschafften Gegenstände auch dann in
den Nachlaß fallen, wenn die Erben die Anschaffung nicht genehmigen.? Das Gesetz hat
eine Entscheidung dieser Frage nicht für nötig erachtet.
III. Eine zweite Folge des Gegenübertretens von Erben und Erbschafts-
besitzer ist, daß jenen wider diesen der Erbschaftsanspruch zusteht (2019).
1. Der Erbschaftsanspruch steht jedem Erben zu, also bei Mehrheit der
Erben auch einem bloßen Miterben; insbesondre kann ein Miterbe den Erb-
schaftsanspruch gegen die andern Miterben geltend machen. Ist ein )Nachlaß-
vertreter (Nachlaßpfleger, Testamentsvollstrecker “ usw.) bestellt, so ist auch er
zur Geltendmachung des Anspruchs befugt.
2. Der Erbschaftsanspruch hat regelmäßig folgenden Inhalt.
a) Der Erbschaftsbesitzer muß dem Erben alles herausgeben, was er aus
dem Nachlaß erlangt oder mit Nachlaßmitteln erworben hat (2018, 2019 .
b) Hat der Erbschaftsbesitzer von diesen Gegenständen Nutzungen gezogen,
so muß er auch sie mit herausgeben. So auch dann, wenn es sich um natür-
liche Früchte handelt, die er in gutem Glauben gewonnen hat (2020). Aller-
dings ist er Eigentümer dieser Früchte geworden. Das steht aber seiner obliga-
torischen Verpflichtung zu deren Herausgabe nicht entgegen. Ist doch auch bei
4) Abw. Endemann 3 § 120 ½; Planck-Strohal Anm. 28 zu § 2018.
5) Dagegen Leonhard S. 10; Hellwig, Anspruch S. 48 1.
6) Strohal § 40 %. Abw. Planck-Ritgen Anm. 2 zu § 2212.