856 Buch VIII. Abschnitt 4. Die Rechtsstellung der Erben.
und Nachlaßschulden — vergütet werden. Dabei greift aber folgende Unter-
scheidung Platz.
a) Regelmäßig kann der Erbschaftsbesitzer Vergütung in vollem Umfange
verlangen (2022 I, II). Es ist also nicht, wie bei der Vindikation, erforderlich,
daß die Verwendungen nötig oder nützlich waren; vielmehr müssen auch gänzlich
unnütze Verwendungen erstattet werden. Auch brauchen sich die Verwendungen
nicht gerade auf die einzelnen Nachlaßstücke, deren Herausgabe die Erben
fordern, zu beziehn, sondern können ebensogut andern Nachlaßsachen gelien,
deren Herausgabe von den Erben gar nicht beansprucht wird.
b) Eine Ausnahme gilt, wenn der Erbschaftsbesitzer sich beim Erwerbe
des Besitzes der Sachen in schlechtem Glauben befunden hat oder wenn zu
der Zeit, als er die Verwendung vornahm, sein Rechtsmangel ihm nachträglich
bekannt geworden oder der Erbschaftsanspruch gegen ihn rechtshängig geworden
war. Hier kann er, wie bei der Vindikation, Vergütung nur fordern, wem
die Verwendungen nötig waren und sich auf den Nachlaß als Ganzes oder
auf die einzelnen Stücke bezogen, deren Herausgabe die Erben fordern (2023 .
Beispiele zu a und b. I. A. hat als angeblicher Testamentserbe B.3 dessen Nachlaß
an sich genommen und zehn Jahre lang gutgläubig besessen; nun erweist sich aber das
Testament B.s als ungültig, und der Bruder B.8, C., verlangt als gesetzlicher Erbe von A.
die Herausgabe eines zum Nachlaß gehörigen Hauses; A. entgegnet, daß außer dem Hause
zu dem Nachlaß B.s auch ein Hund gehört und daß er diesen Hund bis zu dessen Ableben
sechs Jahre lang unterhalten habe; auch habe er 8% Erbschaftssteuer gezahlt; er verweigere
die Herausgabe des Hauses bis zur Erstattung der Hundefutterkosten und der Erbschaftssteurr.
Hier ist A. im Recht wegen des Hundes; wegen der Steuer hat er dagegen nur insoweit
Recht, als auch C. die Steuer hätte zahlen müssen, also z. B., wenn C. nur eine zweiprozentige
Steuer zu zahlen brauchte, bloß wegen 2% denn der Überschuß der Steuer war nur eite
vermeintliche, nicht eine wirkliche Erbschaftslast.? II. Gleicher Fall: nur war A. in schlechlem
Glauben. Hier ist das Hundefutter nicht zu erstatten, wohl aber in gleicher Art wie zul
die Erbschaftssteuer.
Die Art, in der der Erbschaftsbesitzer die Erstattung seiner Verwendungen gegen de
Erben durchzusetzen hat, richtet sich nach den für die Vindikation geltenden Regeln 602 1
Satz 2).
Kann der Erbschaftsbesitzer wegen irgendeiner Aufwendung von den Erben zwar nict
nach den vorstehenden, wohl aber nach andern Regeln, z. B. nach dem Recht auftragloset
Geschäftsführung, Ersatz fordern, so bleibt dieser Ersatzanspruch in Kraft. Nur wenn die
Aufwendung sich auf eine Einzelsache bezieht, ist der Erbschaftsbesitzer auf diejenigen Rechte
beschränkt, die sich aus den Vorschriften zu a und b ergeben (2022 III).
6. Noch günstiger ist der Erbschaftsbesitzer gestellt, wenn er zur Heraus-
gabe von Nachlaßgegenständen nicht imstande und deshalb auf Herausgahe
seiner Bereicherung haftbar ist: hier kann er nicht bloß seine Verwendungen
auf den Nachlaß, sondern auch alle persönlichen Ausgaben in Abzug bringel,
die er infolge seiner vermeintlichen Erbschaft gemacht hat. Denn jede diefe
Ausgaben hat seine Bereicherung tatsächlich vermindert.
Beispiel. Der Erbschaftsbesitzer A. macht aus Freude über seine vermeintliche Echschet
eine Schenkung von 1000 Mk. an die Stadt. Hier kann er die 1000 Mk., wenn er sieseinen
7) Planck-Ritgen Anm. 1 b zu § 2022.