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eignen Vermögen entnommen hat, dem sich später meldenden wahren Erben B. nicht in Rech-
nung stellen. Hat er dagegen Erbschaftsgeld zu der Schenkung verwendet, so ist er haftfrei;
denn wegen des also verwendeten Geldes hastet er ja bloß in Höhe seiner Bereicherung.
Ist der Erbschaftsbesitzer nebeneinander auf Herausgabe von Nachlaßgegenständen und
auf Herausgabe seiner Bereicherung haftbar, so können die Erben die von ihnen zu er-
stattenden Verwendungen auf die Bereicherung verrechnen und damit dem Erbschaftsbesitzer
das Recht zur Zurückbehaltung der Nachlaßgegenstände abschneiden (2022 1 Satz 1).
7. Der Erbschaftsanspruch ist der einzige Anspruch, der den Erben wider
den Erbschaftsbesitzer und den, der vom Erbschaftsbesitzer die Erbschaft im ganzen
erwirbt, zusteht (2029, 2030). Die Erben sind also nicht befugt, eine in Händen
des Erbschaftsbesitzers befindliche Nachlaßsache mit einem gewöhnlichen Besitz-
anspruchs oder einer gewöhnlichen Vindikation zu verfolgen und damit das
eigentümliche Zurückbehaltungsrecht des Erbschaftsbesitzers wegen seiner Ver-
wendungen abzuschneiden.
IV. Eine dritte Folge des Gegenübertretens von Erben und Erbschafts-
besitzer zeigt sich, wenn der Erbschaftsbesitzer eine Sache als zum Nachlaß ge-
hörig in Besitz hat, die in Wirklichkeit zum Nachlaß nicht gehört, in Ansehung
der Ersitzung dieser Sache.
1. Erster Fall: die Ersitzung ist während der Besitzzeit des Erbschafts-
besitzers noch nicht zum Abschluß gekommen. Hier ist die in die Besitzzeit
des Erbschaftsbesitzers fallende Ersitzungszeit für den Erbschaftsbesitzer selbst
ohne jede Bedeutung. Wohl aber kommt sie dem wahren Erben zugut; denn
er kann sie seiner eignen Ersitzungszeit zuzählen (944, 900 1 Satz 2).
Der wahre Erbe kann sich die Ersitzungszeit des Erbschaftsbesitzers natürlich nur dann
zurechnen, wenn die Voraussetzungen der Ersitzung in der Person des Erbschaftsbesitzers
erfüllt sind; denn andernfalls kann man von einer „Ersitzungszeit“ während der Dauer des
Erbschaftsbesitzes überhaupt nicht sprechen. Nur das mangelnde Erbrecht des Erbschafts-
besitzers muß unberücksichtigt bleiben. Demnach genügt es z. B. für die Buchersitzung,
wenn das zu ersitzende Grundstück im Grundbuch auf den Namen des Erblassers eingetragen
steht und sich im Eigenbesitz des Erbschaftsbesitzers befindet; daß es auf den Namen des
Erbschaftsbesitzers umgeschrieben wird, ist nicht nötig. Ebenso genügt es für die Fahrnis-
ersitzung, wenn der Erbschaftsbesitzer den Besitz der zu ersitzenden Sache in dem Glauben
erwarb, die Sache gehöre zum Nachlaß, während es nicht erforderlich ist, daß er sich auch
bezüglich seines Erbrechts in gutem Glauben befand.?
2. Zweiter Fall: die Ersitzung ist während der Besitzzeit des Erbschafts-
besitzers zum Abschluß gelangt. Hier kommt die Ersitzung zunächst dem Erb-
schaftsbesitzer selbst zustatten; er und nicht der wahre Erbe wird Eigentümer
der Sache. Trotzdem hat auch der wahre Erbe Vorteil von der Ersitzung,
vorausgesetzt, daß er seinen Erbschaftsanspruch gegen den Erbschaftsbesitzer nicht
verjähren läßt: der Erbschaftsbesitzer kann sich nämlich gegenüber dem wahren
Erben auf sein Eigentum nicht berufen (2026), sondern muß ihm die Sache
so abliefern, als ob sie wirklich zum Nachlaß gehörte.
8) Hellwig, Anspruch S. 60. Abw. Leonhard S. 123.
9) Abw. Biermann zu § 944.