860 Buch VIII. Abschnitt 4. Die Rechtsstellung der Erben.
kunde sowie der an deren Stelle tretenden Beweismittel; im übrigen kommen
die Regeln, die für die Erteilung des Erbscheins an einen gesetzlichen Erben
gelten, analog zur Anwendung (2355, 2356).
Insbesondre muß der Erbe die Zeit des Todes des Erblassers sowie den Fortfall
solcher Personen, die sein Alleinerbrecht ausschließen oder seinen Erbteil mindern würden,
urkundlich nachweisen; letzteres ist namentlich dann wichtig, wenn er nur als Ersatzerde be-
rufen ist. Sodann muß er eidesstattlich Auskunft darüber geben, ob seines Wissens außer
dem von ihm in bezug genommenen Testament oder Erbvertrage noch andre derartige Ver-
fügungen des Erblassers vorhanden seien und ob ein Prozeß über sein Erbrecht schwebe.
Stützt der Erbe sein Erbrecht auf ein Privattestament des Erblassers, so muß er dessen
Echtheit beweisen; ob hierzu seine eigne eidesstattliche Versicherung ausreicht, hängt vom Er-
messen des Nachlaßgerichis ab; wenn tunlich, soll das Gericht vor der Erteilung des Erb-
scheins über die Gültigkeit des Testaments denjenigen hören, der im Fall der Ungültigket
Erbe sein würde (s. 2356 II, 2358, 2359, 2360 II, III).
Die zuletzt erwähnte Regel (Anhörung der Interessenten) gilt übrigens auch dam,
wenn der Erbe sein Erbrecht nicht auf ein Privattestament, sondern auf ein öffemilich be-
urkundetes Testament oder einen Erbvertrag stützt, die Testaments= oder Vertragsurkunde
aber dem Nachlaßgericht nicht vorzulegen vermag (2360 II, II).
c) Sind mehrere Erben vorhanden, so kann jeder Miterbe statt eines
Erbscheins über sein Miterbenrecht einen gemeinschaftlichen Erbschein über das
Erbrecht sämtlicher Miterben fordern; alsdann muß er die erforderlichen Be-
weise auch für das Erbrecht der andern Erben erbringen; die vorgeschriebene
eidesstattliche Versicherung ist von allen Erben abzugeben, sofern nicht das
Gericht die Versicherung eines von ihnen für ausreichend erachtet (2357).
d) Hat der Erblasser einen Testamentsvollstrecker ernannt, so ist dies in
Erbschein anzugeben (2364).
3. a) Stellt sich heraus, daß ein vom Nachlaßgericht ausgefertigter Erb-
schein unrichtig ist, so hat das Nachlaßgericht von Amts wegen schleunigst die
Rückgabe des Scheins anzuordnen; ebenso kann der wahre Erbe gegen den
Besitzer des Scheins auf Herausgabe an das Nachlaßgericht klagen; sobald
der Schein an das Nachlaßgericht zurückgelangt, wird er von selbst kraftlos
(2361 I, 2362 I; R. FW. 19).
b) Wird der Erbschein nicht sofort zurückgegeben, so hat das Nachlß-
gericht ihn durch Beschluß für kraftlos zu erklären; der Beschluß ist wie eine
öffentliche Ladung im Zivilprozeß bekannt zu machen und wird wirksam, wenm
nach seiner letzten Einrückung in die Zeitungen ein Monat verstrichen it
(2361 II; s. R. FG. 84).
4. Der Erbschein genießt öffentlichen Glauben, ähnlich wie das Grund-
buch.“
a) Hat der im Erbschein genannte Erbe gegenüber einem Dritten über
irgendeinen Nachlaßgegenstand verfügt oder hat ein Dritter an den im Er-
schein genannten Erben auf Grund eines zum Nachlaß gehörigen Rechts eute
4) RG. 61 S. 274.