866 Buch VIII. Abschnitt 5. Vermächtnisse und Auflagen.
fristung erleidet, lediglich dem Beschwerten zugut. Dies gilt auch dann, wenn
der Erblasser zwei Vermächtnisse in Ansehung desselben Gegenstandes derart
miteinander verbindet, daß er den Gegenstand zunächst einem ersten und von
dem Eintritt eines bestimmten Ereignisses oder von einem bestimmten Termin
ab einem zweiten Vermächtnisnehmer zuwendet (Nachvermächtnis): das
Gesetz stellt nämlich diese beiden Vermächtnisse nicht, wie die Einsetzung eines
Vor= und eines Nacherben, gleichberechtigt nebeneinander, sondern ordnet das
zweite dem ersten unter, indem es den Nehmer des ersten als Beschwerten des
zweiten Vermächtnisses auffaßt. Beim Eintritt des Falls des zweiten Ver-
mächtnisses wird demnach der erste Vermächtnisnehmer nicht vom zweiten
abgelöst, sondern behält seine Rechtsstellung gegenüber dem Beschwerten des
ersten Vermächtnisses unverändert bei; nur ist er gegenüber dem zweiten Ver-
mächtnisnehmer verpflichtet, ihm den vermachten Gegenstand zu überlassen (2191 ).
Schematisch ausgedrückt:
Erblasser Erster Beschwerter
– —
Vorerbe Nacherbe Erster Vermächtnisnehmer und zweiter Beschwerter
Zweiter Vermächtnisnehmer.
Trotz der grundsätzlichen Verschiedenheit des Nachvermächtnisses und der Nacherbfolge
werden einige Regeln, die für die letztere gelten, auf das erstere übertragen; vor allem: hat
der Erblasser ein Nachvermächtnis angeordnet, ohne das Ereignis oder den Zeitpunkt zu be-
stimmen, mit dem es in Kraft treten soll, so wird es mit dem Tode des ersten Vermächtnis-
nehmers wirksam (2191 II, 2106 1); ferner: hat der Erblasser einen seiner Nachkommen,
der nach des Erblassers Wissen eigner Nachkommenschaft entbehrt, für die Zeit nach dessen
Tode mit einem Nachvermächtnis beschwert, so gilt das Nachvermächtnis nur für den Fall,
daß der Beschwerte ohne Nachkommenschaft stirbt (2191 II, 2107) usw.
2. Ein aufschiebend bedingtes oder befristetes Vermächtnis wird, wie eine
aufschiebend bedingte oder befristete Erbeseinsetzung, unwirksam, wenn dreißig
Jahre seit dem Tode des Erblassers verstreichen, ohne daß der „Fall“ des
Vermächtnisses eintritt (2162); steht von vornherein fest, daß der Fall nicht
binnen jener Frist eintreten kann, so ist die Vermächtnisverfügung von vorn-
herein nichtig. Doch gilt eine Ausnahme:
a) wenn das Vermächtnis für den Fall angeordnet ist, daß in der Person
des Beschwerten oder des Vermächtnisnehmers ein bestimmtes Ereignis eintritt,
und derjenige, in dessen Person das Ereignis eintreten soll, schon zur Zeit des
Erbfalls lebt oder gezeugt ist, es sei denn, daß der Beschwerte oder der Ver-
mächtnisnehmer, in dessen Person das Ereignis eintreten soll, eine juristische
Person ist (2163 I Nr. 1, ID;
b) wenn dem Beschwerten für den Fall, daß ihm Geschwister geboren
werden, ein Vermächtnis zu deren Gunsten auferlegt wird (2163 1 Nr. 2).
Beispiele s. oben § 399, 1e.
3. Für den Fall, daß ein Vermächtnisnehmer das ihm zugedachte Ver-
mächtnis nicht erwirbt, kann der Erblasser ein „Ersatzvermächtnis“ anordnen.
Auf diese Anordnung kommen dieselben Regeln zur Anwendung wie auf die