§ 430. Nach-, Ersatz-, Zweitvermächtnis. 867
Einsetzung eines Ersatzerben; die Anordnung eines Nachvermächtnisses enthält
also im Zweifel auch die Anordnung eines Ersatzvermächtnisses, nicht aber
umgekehrt; ist es ungewiß, ob ein Vermächtnis Ersatz= oder Nachvermächtnis
sein soll, so gilt es als Ersatzvermächtnis (2190, 2191 II) usw.
Beispiele s. oben § 399 III, 2 d.
4. Ist ein Vermächtnis unter der Bedingung angeordnet, daß der Vermächtnisnehmer
während eines Zeitraums von unbestimmter Dauer etwas fortgesetzt tut oder unterläßt, oder
bezweckt die einem Vermächtnis beigefügte Bedingung den Vorteil eines Dritten, so gelten
dieselben Auslegungsregeln wie bei einer gleichartig bedingten Erbeseinsetzung (2075, 2070).
5. Von dem ausschiebend befristeten Vermächtnis ist ein unbefristetes Vermächtnis mit
hinausgeschobener Fälligkeit zu unterscheiden (s. 2269 II); insbesondre ist es nötig, daß
der Anfangstermin des befristeten, nicht aber auch, daß der Fälligkeitstermin des unbefristeten
Vermächtnisses binnen 30 Jahren nach dem Erbfall eintritt. — Beispiel. A. testiert:
„mein Erbe ist mein Bruder B.; mein Landgut vermache ich auf die nächsten 40 Jahre nach
meinem Tode der Stadt Tempelburg und für die Folgezeit der Provinz Pommern; der
Stadt Dramburg vermache ich 10000 Mk. zu Lasten der Stadt Tempelburg, zahlbar
40 Jahre nach meinem Tode“. Hier ist das Vermächtnis an die Provinz Pommern auf
40 Jahre ausschiebend befristet, das an die Stadt Dramburg ist unbefristet, aber erst nach
40 Jahren fällig; jenes ist also ungültig, dieses ist gültig.
IV. Vermächtnisnehmer und Vermächtnisbeschwerte können sowohl Menschen
wie juristische Personen sein.
1. Als Vermächtnisnehmer kann der Erblasser jede Person berufen.
2. a) Dagegen kann er als Vermächtnisbeschwerte selbstverständlich nicht
jedermann, sondern nur seine Erben oder, wenn er noch andre Vermächtnisse
angeordnet hat, die mit diesen bedachten Vermächtnisnehmer, nicht aber irgend-
einen Dritten benennen (2147 Satz 1).1 Vermächtnisse, die die Erben be-
schweren, kann man als Vermächtnisse ersten Grades oder Erstvermächt-
nisse, Vermächtnisse, die andre Vermächtnisnehmer beschweren, kann man als
Vermächtnisse zweiten Grades oder Zweitvermächtnisse bezeichnen; das
häufigste Beispiel eines Zweitvermächtnisses ist das bereits erwähnte Nachver-
mächtnis. Hat der Erblasser die Person des Beschwerten nicht benannt, so
sind die Erben beschwert (2147 Satz 2).
Beispiele. I. A. testiert wie folgt: „mein Erbe ist B.; dem C. vermache ich mein Haus;
doch soll D. berechtigt sein, von C. lebenslänglich freie Wohnung in dem Hause zu verlangen;
dem E. vermache ich 10000 Mk.“ Hier ist durch das Vermächtnis des Hauses und der
10000 Mk. der Erbe B., durch das Vermächtnis der freien Wohnung der Vermächtnisnehmer
C. beschwert. II. F. testiert: „da mein Sohn G. sein Erbteil bereits im voraus erhalten
hat, ernenne ich zur Alleinerbin meine Frau; meinem Sohne lege ich laut einer mit ihm
getroffenen Vereinbarung als Vermächtnis die Zahlung einer Jahresrente von 1000 Mk.
an meine Pflegetochter H. auf"“. Hier darf, da G. weder Erbe noch Vermächtnisnehmer F.s
ist, die Zuwendung der Rente an die H. nicht als Vermächtnis, sondern muß als Schenkung
angesehn werden.
b) Fällt ein Erbe oder Vermächtnisnehmer vor oder nach dem Erbfall
fort, so bleiben im Zweifel die ihm auferlegten Vermächtnisse trotzdem wirksam;
1) Strohal § 298; Kipp in der Erlanger Festschrift für den Prinzregenten (01). Abw.
Hellwig, Verträge S. 364.