868 Buch VIII. Abschnitt 5. Vermächtnisse und Auflagen.
beschwert ist alsdann derjenige, dem der Wegfall des zunächst Beschwerten un-
mittelbar zustatten kommt (2161).
Beispiel. In dem zu a unter I. genannten Fall behält, wenn C. das Haus aus-
schlägt, D. trotzdem das ihm vermachte Wohnungsrecht: als Beschwerter gilt der Erbe V.
V. 1. a) Die Vermächtnisverfügung ist, wie eine Erbeseinsetzung, un-
wirksam, wenn der Vermächtnisnehmer vor dem Erblasser oder zugleich mit
ihm stirbt; im Zweifel gilt das nämliche, wenn die Vermächtnisverfügung auf-
schiebend bedingt war und der Vermächtnisnehmer zwar nach dem Elblasser,
aber vor Eintritt der Bedingung stirbt (2160, 2074).
b) Umgekehrt: die Vermächtnisverfügung ist, gleichfalls im Einklang mit
der Erbeseinsetzung, wirksam, auch wenn der Vermächtnisnehmer erst nach dem
Tode des Erblassers gezeugt wird; doch ist sie bis zu der Geburt des Ver-
mächtnisnehmers befristet (2162 II, 2178).
Die dreißigjährige Frist, deren Ablauf ein aufschiebend bedingtes Vermächtnis un-
wirksam macht (oben zu III, 2), ist indessen gewahrt, wenn der Vermächtnisnehmer zwar
nach Ablauf der Frist geboren, aber vorher gezeugt ist (2162 Il).
Einem Vermächtnisnehmer, der erst nach dem Erbfall geboren wird, steht ein Ver-
mächtnisnehmer gleich, dessen Person durch ein erst nach dem Erbfall eintretendes Ereignis
bestimmt wird (2162 II, 2178); Beispiel: A. vermacht demjenigen jungen Arzt, der in den
zehn ersten Jahren nach dem Erbfall das beste Staatsexamen machen wird, 10000 Mk.
2. Die Regeln zu 1 gelten analog, wenn das Vermächtnis einer bereis
erloschenen oder noch nicht entstandenen juristischen Person zugedacht ist.
VI. Nicht selten spricht der Erblasser eine Vermächtnisverfügung in meht-
deutiger Art aus. Zur Abschneidung von Streitigkeiten greift das Gesetz mit
analogen Regeln ein wie bei einer mehrdeutigen Erbeseinsetzung (2066f-
s. oben § 399 VI).
Beispiel. Ein Vermächtnis an die Verwandten des Erblassers ist dahin auszulegen,
daß als bedacht nur diejenigen Verwandten gelten, die zur Zeit des Erbfalls seine geses-
lichen Erben sein würden (2067).
VII. Hat der Erblasser denselben Gegenstand mehreren Vermächtnisnehmem
zusammen vermacht, so kommen die gleichen Regeln wie bei der Einsetzung
mehrerer Erben zur Anwendung. Insbesondre gilt dies für den Fall, deß
einer der Mitvermächtnisnehmer vor oder nach dem Erbfall wegfällt: sein
Anteil am Vermächtnis wächst also den übrigen Vermächtnisnehmern an, selbt
wenn deren Anteile vom Erblasser fest bestimmt sind, es sei denn, daß der
Erblasser das Gegenteil angeordnet hat; der durch Anwachsung einem Ver-
mächtnisnehmer anfallende Anteil gilt in Ansehung der Vermächtnisse und
Auflagen, mit denen dieser oder der weggefallene Vermächtnisnehmer beschwert
ist, als besondres Vermächtnis (2157 ff.; s. oben 8 401).
Beispiel. A. vermacht dem B. und dem C. je 4000, dem D. und dem E. zusammen
8000 Mk.; B. und D. schlagen das Vermächtnis aus. Hier kann C. nur die ihm ver-
machten 4000, E. kann die vollen ihm und dem D. zusammen vermachten 8000 Mk, bean-
spruchen.