8 431. Anfall, Annahme, Ausschlagung des Vermächtnisses. 871
d) Die Annahme und Ausschlagung ist unwirksam, wenn sie vor dem
Tode des Erblassers erklärt wird (2180 II Satz 2).
e) Stirbt der Vermächtnisnehmer, ohne das Vermächtnis angenommen
oder ausgeschlagen zu haben, so geht das Recht zur Annahme und Ausschlagung
auf seine Erben über (2180 III, 1952 I). Von mehreren Erben des Vermächtnis-
nehmers kann jeder den seinem Erbteil entsprechenden Teil des Vermächtnisses
selbständig annehmen oder ausschlagen (2180 III, 1952 III).
1) Schlägt der Vermächtnisnehmer das Vermächtnis aus, so wird er so
behandelt, wie wenn er vor dem Erblasser gestorben wäre. Der Anfall an
ihn gilt also als nicht erfolgt und das Vermächtnis selbst als unwirksam
(2180 III, 1953 I, II). Der vermachte Gegenstand fällt je nach Lage des
Falls an einen Mit= oder Ersatzvermächtnisnehmer oder verbleibt dem Beschwerten.
2. Im übrigen wird die Annahme und Ausschlagung bei Vermächtnissen
anders behandelt als bei Erbschaften.
a) Nicht bloß die Ausschlagung, sondern auch die Annahme ist empfangs-
bedürftig; und zwar sind sie beide gegenüber dem Beschwerten zu erklären
(2180 II Satz 1). Einer Form bedürfen sie nicht.
b) Eine Ausschlagungsfrist ist nicht bestimmt; ebensowenig gibt es eine
Annahmefrist. So kann es geschehn, daß das Schicksal eines Vermächtnisses
nach der Laune des Vermächtnisnehmers jahrzehntelang ungewiß bleibt.
Ausnahme s. 2307 II.
e) Besondre Vorschriften für die Anfechtung der Annahme oder Ausschlagung sind nicht
aufgestellt (s. oben § 404 VIIl).
3. Die Rechtsstellung der Vermächtnuisnehmer.
§ 432.
I. Das Vermächtnis als solches hat lediglich obligatorische Wirkung, ohne
daß es einen Unterschied macht, ob es dem Vermächtnisnehmer erst „angefallen“
oder bereits von ihm „angenommen“ ist; der Vermächtnisnehmer erwirbt also
durch den Vermächtnisanfall nicht den vermachten Gegenstand selbst, sondern
erlangt nur ein Forderungsrecht gegen den Beschwerten auf Leistung des
Gegenstandes (2174).
Beispiele. I. Vermacht ist ein Haus, das auf den Namen des Erblassers im Grund-
buch eingetragen steht. Hier gehört das Haus dem Vermächtnisnehmer erst, wenn es ihm
von den Erben ausgelassen und im Grundbuch auf seinen Namen umgeschrieben ist. II. A.
schreibt an B.: „Mein verstorbener Onkel C. hat mich zum Erben eingesetzt und Ihnen die
in dem beifolgenden Schuldschein vermerkte Forderung von 3000 Mk. gegen D. vermacht;
ich zeige Ihnen dies hiermit an und rate Ihnen, da D. vor dem Bankerott steht, schleunigst
gegen ihn vorzugehn“"; B. schreibt zurück, daß er das Vermächtnis annehme. Hier erwirbt
B. die Forderung gegen D. nicht schon durch den Anfall des Vermächtnisses und auch nicht
dadurch, daß A. ihm das Vermächtnis anzeigt und er es annimmt, sondern erst dadurch,
daß A. ihm die Forderung vertragsmäßig abtritt. Doch wird der obige Brief A.s unbe-