8 437. Erbverzicht. 8 438. Erbunwürdigkeit. 889
2. Das Urteil, das einen Erben für erbunwürdig erklärt, ergeht auf
Grund einer Klage, durch die der Erbschaftserwerb des Erben angefochten
wird; klagberechtigt ist jeder, dem der Wegfall des unwürdigen Erben, sei es
auch nur bei dem Wegfall eines andern, zustatten kommt; die Klage darf
erst nach Eintritt des Erbfalls, jedoch nicht später als ein Jahr erhoben werden,
nachdem der Kläger den Klagegrund erfahren hat (s. 2342 I, 2341, 2340).
3. Die Erbunwürdigkeit bedeutet, daß der Unwürdige, sobald das Urteil,
das seine Unwürdigkeit ausspricht, rechtskräftig wird, von der Erbfolge ausge-
schlossen ist; der Anfall der Erbschaft an ihn gilt demgemäß als nicht erfolgt;
die Erbschaft fällt also demjenigen an, der berufen sein würde, wenn der Un-
würdige zur Zeit des Erbfalls nicht gelebt hätte (2342 II, 2344).
II. Begeht ein Vermächtnisnehmer eine Handlung, wegen deren ein Erbe
für erbunwürdig erklärt werden kann, so finden die Regeln zu 1 analoge
Anwendung; der Erwerb des Vermächtnisses seitens des Unwürdigen kann
also von jedem angefochten werden, dem der Wegfall des Vermächtnisses zu-
statten kommt; doch geschieht die Anfechtung nicht durch Klage, sondern außer-
gerichtlich; demgemäß tritt auch die Unwürdigkeit des Vermächtnisnehmers
sofort mit der Anfechtung ein (2345).
Anuhang. Rüchblick auf das bisherige Recht.
g 439.
I. Der Erbverzicht ist schon vom bisherigen gemeinen und preußischen
Recht zugelassen; daß der Verzicht eines Nachkommen oder Seitenverwandten
des Erblassers auf das gesetzliche Erbrecht sich im Zweifel auch auf die Nach-
kommen des Verzichtenden erstreckte, war nicht allgemein anerkannt, z. B. in
Preußen nur unter der Voraussetzung, daß die Nachkommen des Verzichtenden
diesen beerbt hatten." Das rheinische Recht ließ einen Erbverzicht nicht zu.
II. Das bisherige gemeine und preußische Recht entzog dem unwürdigen
Erben nur die „Vorteile“ der Erbschaft; der Erbe blieb also für die Nachlaß-
schulden haftbar. Gemeinrechtlich kam die Unwürdigkeit eines Erben nicht dem
nächstberufenen Erben, sondern dem Fiskus zustatten.
Zusatz zu Abschn. VI. Kollisionsnormen und Übergangsvorschriften siehe hinter 8 391.
1) Siehe Stobbe 5 § 314. 2) Pr. LR. II, 2 § 358.
3) Siehe Windscheid-Kipp §§ 669 ff.; Dernb., Pr. Pr R. 3 § 101.