§ 441. Pflichtteilsrecht der entfernteren Nachkommen. 897
Fall hätte er ja einen Pflichtteilsanspruch überhaupt nicht gehabt. 3. A. hat in seinem
Testament unbeschränkt und unbelastet den N. zu ½, den B. zu ½ als Erben berufen. a) B.
schlägt die Erbschaft aus. Hier ist C. pflichtteilsberechtigt, weil dem B. aus der großväter-
lichen Hinierlassenschaft nur ein Zusatzpflichtteil von 310 des großväterlichen Nachlasses mit
6000 Mk. zufällt und somit an dem Wert seines halben gesetzlichen Erbteils noch 4000 Mk.
fehlen; C. kann aber nicht den vollen Pflichtteil von 10 000, sondern nur einen Zusatzpflicht-
teil in Höhe ebendieser dem B. an seinem halben gesetzlichen Erbteil fehlenden 4000 Mk.
fordern. b) B. nimmt die Erbschaft an. Hier hat C. kein Pflichtteilsrecht; denn jetzt ist ja
B. für seinen halben gesetzlichen Erbtreil ganz gedeckt, in Höhe von 4000 Mk. durch das, was
er aus der großväterlichen Hinterlassenschaft angenommen hat, in Höhe von 6000 Mk. durch
den ihm selber zustehenden Zusatzpflichtteil. 4. A. hat den B. zu seinem Alleinerben ernannt
und ihm ein Vermächtnis zugunsten des N. im Wert von 18000 Mk. auferlegt. a) A. hat
dem B. rechtsgültig das Pflichtteilsrecht entzogen. a) B. schlägt die Erbschaft aus. Hier
kann C. den vollen Pflichtteil fordern, weil ja B. aus der Hinterlassenschaft A.s nichts an-
genommen hat und, da er des Pflichtteilsrechts darbt, auch keinen Pflichtteil fordern kann.
6) B. nimmt die Erbschaft an. Hier kann C. gleichfalls einen Pflichtteil beanspruchen, aber
nur 8000 Mk., weil ja B. aus der Hinterlassenschaft 20000—18000 Mk. angenommen hat.
b) A. hat das Pflichtteilsrecht des B. nicht angetastet. Hier steht dem C. irgendein Pflicht-
teilsrecht nicht zu, mag nun B. die Erbschaft ablehnen oder annehmen. Daß B., wenn er
die Erbschaft annimmt, für sich keinen Pflichtteil fordern kann, macht in diesem Fall nichts
aus; denn B. hat den Anspruch auf den Pflichtteil erst durch die Annahme der Erbschaft,
also erst nach dem Tode A.s, verscherzt, und das ist für das Pflichtteilsrecht seines Sohns
ebenso belanglos, wie wenn er den Anspruch auf den Pflichtieil verjähren läßt oder mit dem
Erben die Aufhebung des Anspruchs vereinbart. 5. B. hat durch Vertrag mit A. auf sein
Erbrecht für seine Person verzichtet, aber das Erbrecht C.s a usdrücklich vorbehalten; trotzdem
ernennt A. zum Erben den N. zu 9/1(0, den B. zu ½20 und übergeht den C. ganz; N. und
B. nehmen die Erbschaft an. Hier kann C., gerade wie in dem Beispiel 4a # einen Pflicht-
teil von 8000 Mk. fordern, da B. aus der großväterlichen Hinterlassenschaft 2000 Mk. an-
genommen hat und einen Pflichtteil für sich nicht fordern kann. Freilich kann man dagegen
einwenden, daß B. mit Rücksicht auf seinen Erbverzicht im Fall der gesetzlichen Erbfolge den
C. gar nicht ausschließen würde, daß es also nach dem Wortlaut von 2309 gar nicht darauf
ankommt, ob B. aus der großväterlichen Hinterlassenschaft etwas annimmt, und daß dem-
gemäß C. den vollen Pflichtteil beanspruchen kann.“ Indes gestattet 2309 eine solche wort-
getreue Auslegung nicht; denn andernfalls müßte man zu dem gleichen Ergebnis auch dann
gelangen, wenn A. den B. grundlos enterbt hätte (1938), weil B. auch in diesem Fall von
der gesetzlichen Erbfolge ausgeschlossen ist und also nicht seinerseits den C. von ihr aus-
schließen kann; und daß dies Ergebnis — ein Pflichtteilsanspruch des B. auf die eine, des
C. auf die andre Hälfte des Nachlasses! — sinnlos wäre, liegt auf der Hand. Man darf also
bei der Auslegung von 2309 nur an die gesetzliche Erbfolge denken, die eintritt, wenn weder
der Erblasser noch der Erbe etwas an ihr ändert. 6. A. hat dem B. das Pflichtteilsrecht
rechiswirksam entzogen, ihm aber trotzdem 2000 Mk. vermacht; zu seinem Erben ernennt er den
C. zu ½, den N. zu ½; alle nehmen die Zuwendungen an. Hier nimmt zunächst C. sein
Fünftel-Erbteil frei von der durch das Vermächtnis zugunsten B.s begründeten Last und kann
außerdem, wie in dem Beispiel 4a einen Zusatzpflichtteil beanspruchen, und zwar in Höhe
von ½.20000 — ½.20000 — 2000 = 4000 Mk. 7. a) A. hat von B. außer dem C. noch
einen zweiten Enkel D.; in seinem Testament setzt er den N. zum Alleinerben ein, vermacht
dem B. 1000, dem C. 2000, dem D. 4000 Mk. und entzieht dem B. rechiswirksam das Pflicht-
teilsrecht; alle Bedachten nehmen ihre Zuwendungen an. Hier sind C. und D. pflichtteils-
berechtigt; von dem Wert ihres halben gesetzlichen Erbteils mit je 5000 Mk. gehn bei beiden das
ihnen selbst und das halbe dem B. hinterlassene Vermächtnis ab, so daß C. 5000 — 2000 — 00
2500, D. 5000 — 4000 — 500 = 500 Mk. als Zusatzpflichtteil beanspruchen können.
b) Gleicher Fall: nur beträgt das Vermächtnis B.s 3000 Mk. Hier wird auf den Pflicht-
6) So Strohal § 507. Gegen ihn Staudinger-Herzfelder Anm. III, 3 zu § 2309.
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