8 444. Berechnung des Pflichtteils. 905
fallen würde (2316 I Satz 1).“ Dadurch wird je nach Lage des Falls der
Pflichtteil erhöht oder vermindert.
Beispiel. Der Witwer A. hat seine Tochter B. mit 16000, seine Tochter C. mit
5000 Mk. ausgestattet; später enterbt er sie beide und beruft als Erben den N.; sein
Nachlaß beträgt 20000 Mk. Hier würde ohne Ausgleichsrechnung die B. und C. je
1.. 20000 — 5000 Mk. als Pflichtteil fordern können. In Wahrheit beträgt aber der
Pflichtteil für die B. ½ (½ [20000 15000 4 5000] - 156 000) = 2500, für die C. ½
(½ (20000 + 15000 + 5000|] — 5000) — 7500 Mk.
Bei der Ausgleichsrechnung sind auch solche Nachkommen zu berücksichtigen, die für ihre
Person nicht pflichtteilsberechtigt sind; hat also in dem ebengenannten Fall A. seiner Tochter
B. das Pflichtteilsrecht rechtmäßig entzogen, so fällt ihr eigner Pflichtteil fort, während der
Pflichtteil der C. unverändert auf 7500 Mk. geht. Nur solche Nachkommen, die auf ihr
Erbrecht vertragsmäßig verzichtet haben, bleiben außer Betracht (2316 I Satz 2).
Ist der pflichtteilsberechtigte Nachkomme als Erbe seines Vorfahren berufen und be-
trägt sein Pflichtteil nach den eben besprochenen Regeln mehr als der Wert des hinter-
lassenen Erbteils, so kann er von den Miterben den Mehrbetrag als Zusatzpflichtteil ver-
langen, auch wenn der hinterlassene Erbteil die Hälfte des gesetzlichen Erbteils erreicht oder
übersteigt (2316 II). Beispiel: wenn in dem obigen Fall A. den N. auf ¾ und die C. auf
¼ als Erben eingesetzt hat, so kann die C. außer ihrem Viertel-Erbteil, dessen Wert 5000 Mk.
betragen würde, noch einen Zusatzpflichtteil von 2500 Mk. fordern.
2. In einer Beziehung weicht die Ausgleichsrechnung, die zwecks Bestim-
mung der den Nachkommen des Erblassers gebührenden Pflichtteile vorzunehmen
ist, von der gewöhnlichen Ausgleichsrechnung ab: eine Ausstattung, die der
Erblasser einem seiner Nachkommen gegeben hat, ist nämlich auch dann zum
Ausgleich zu bringen, wenn der Erblasser bei Gewährung der Ausstattung
oder später deren Ausgleichung verboten hat (2316 11I).5
III. 1. a) Hat der Erblasser einem Pflichtteilsberechtigten eine Schenkung oder eine
sonstige Zuwendung unter Lebenden gemacht, die im Fall der gesetzlichen Erbfolge dem Aus-
gleichungszwange nicht unterliegen würde, so ist sie bei der Feststellung des Pflichtteils des
Empfängers nur dann zu berücksichtigen, wenn der Erblasser bei Vornahme der Zuwendung
die Anrechnung auf den Pflichtieil besonders vorgeschrieben hat. Die Anrechnung erfolgt
alsdann in der Art, daß der Wert, den die Zuwendung ursprünglich gehabt hat, dem Nach-
laß zugezählt, von dem also vergrößerten Nachlaß der gesetzliche Erbteil des Pflichtteils-
berechtigten berechnet und schließlich von dem Wert der Hälfte dieses Erbteils der Wert der
Zuwendung abgezogen wird: die Geldsumme, die sich aus dieser Rechnung ergibt, ist der
dem Empfänger der Zuwendung gebührende Pflichtteil (2315 I, II). — Beispiel. A. hat die
Schulden seines Vaters im Betrage von 20000 Mk. bezahlt und dabei die Anrechnung
dieser Summe auf den väterlichen Pflichtteil bestimmt; in seinem Testament setzt er seine
Braut als Erbin ein; sein Nachlaß beträgt 100000 Mk. Hier ist, wenn A. außer beiden
Eltern keine pflichtteilsberechtigten Angehörigen hinterläßt, der väterliche Pflichtteil . ½
(100000 +J 20000) — 20000 = 10000 Mk.
b) Fällt ein diesem Anrechnungszwange unterworfener Nachkomme des Erblassers vor
oder nach dem Erbfall fort, so wird der Anrechnungszwang auf diejenigen Nachkommen
übertragen, die an seine Stelle treten, sei es, daß ihr Pflichtteilsanspruch erst durch seinen
Fortfall zur Entstehung gelangt, sei es, daß ihr Pflichtteilsanspruch durch seinen Fortfall
vergrößert wird (2315 III).— Beispiel. Von den beiden Söhnen des Witwers A. muß sich
der eine, B., auf seinen Pflichtieil 20000 Mk. anrechnen lassen; er stirbt aber vor A., ohne
Nachkommenschaft zu hinterlassen. Hier macht, wenn A.s Nachlaß 80000 Mk. beträgt,
4) RG. 71 S. 133. 5) Vgl. Strohal 1 S. 480.