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d) Gebühren mannigfacher Art, z. B. Marktstandgeld, Schulgeld.
4. Zuwendungen Dritter. Die Gemeinde darf die Zuwendung, wenn sie einen
Werth von mehr als 170 Mark hat, nur mit Genehmigung des Großherzogs an-
nehmen 7.
5. Ein Voranschlag?) für den Gemeindehaushalt ist für jedes Rechnungsjahr —
vom 1. April bis 31. März laufend ) — zu fertigen. Er wird vom Bürgermeister
entworfen, und von der Gemeindevertretung festgestellt. Vor und nach der Feststellung
ist er acht Tage lang offenzulegen; in dieser Frist können Einwendungen gegen den
Voranschlag erhoben werden, über welche der Kreisausschuß entscheidet.
In Gemäßheit des Voranschlages hat der Bürgermeister demnächst die einzelnen
Einnahmen und Ausgaben zu verfügen. Zu einer nicht etatsmäßigen Ausgabe muß er
die Erlaubniß der Gemeindevertretung einholen, und zwar, von dringlichen Fällen ab-
gesehen, vor Leistung der Ausgabe; die Gemeindevertretung darf die Erlaubniß nur
ertheilen, wenn die Deckungsmittel sich durch Einnahmeüberschüsse oder Ersparnisse bei
den Ausgaben ergeben, ohne daß deßhalb eine etatsmäßige Ausgabe ganz unterbleibt; sie
kann dem Bürgermeister auch im Voraus für unvorhergesehene Ausgaben oder für Ueber-
schreitung besonders vorgesehener Kredite einen Fonds zur Verfügung stellen. — Die
Ausführung der Verfügungen des Bürgermeisters liegt dem Gemeindeeinnehmer ob');
dieser hat die Ausführung bei eigener Haftbarkeit abzulehnen, wenn die Verfügung nicht
dem Voranschlage entspricht.
Der Voranschlag bedarf der Genehmigung seitens der Behörde in den Land-
gemeinden immer 5), dagegen in den Städten nur, wenn dies für eine darin enthaltene
Einnahme oder Ausgabe besonders vorgeschrieben ist oder wenn Einwendungen gegen
den Voranschlag erhoben werden.
6. Weigert sich die Gemeinde, eine Ausgabe, zu der sie gesetzlich verpflichtet ist,
in den Etat einzustellen, so geschieht die Einstellung zwangsweise auf Antrag des Kreis-
raths durch den Kreisausschuß, indem zugleich die zur Deckung der Ausgabe erforder-
lichen Geldmittel durch Erhöhung der Gemeindeumlagen beschafft werden. Dabei ist wie
folgt zu unterscheiden:
a) Die Ausgabe steht nach Art und Höhe fest. So, wenn die Feststellung durch
Gesetz oder Verordnung geschehen ist; doch ist dies selten der Fall, weil Gesetz und Ver-
ordnung die Höhe der Ausgabe nicht im Voraus zu bestimmen pflegen. Wichtiger ist
der Fall, wenn eine privatrechtliche Verpflichtung der Gemeinde durch rechtskräftiges
gerichtliches Urtheil festgestellt ist, oder wenn der Kreistag eine Provinzial= oder Kreis-
steuer durch rechtskräftigen Beschluß auf die Gemeinde umgelegt hat. Ebenso gehört
hierher der Fall, daß die Gemeinde ihre Verpflichtung garnicht bestreitet. In allen
diesen Fällen findet die zwangsweise Einstellung der Ausgabe in den Etat im gemischten
Verwaltungsstreitverfahren statt: zunächst beschließt auf Antrag des Kreisraths') der
Kreisausschuß schriftlich, dann im Rekurswege der Provinzialausschuß mündlich, dann
endlich in dritter Instanz das Ministerium wiederum schriftlich.
b) Wenn dagegen die Ausgabe nach Art oder Höhe noch nicht festgestellt ist, so
ist ihre zwangsweise Einstellung in den Etat nicht ohne Weiteres zulässig, sondern es
bedarf erst eines Vorverfahrens. Zunächst hat nämlich der Kreisrath die Ausgabe der
1) V. v. 22. Okt. 1817 u. 31. Jan. 1820.
2) St O. 82—85, LO. 70—73. 3) Ges. v. 23. Febr. 1881.
4) Dienst-Instruktion vom 4. Dezemb. 1877.
5) LO. 72, Abf. 1.
6) Art. 48 III, 2 (Beanstandung von Gemeindevoranschlägen, welche der Kreisratt.
dem Kreisausschuß vorlegt), St O. 85, LO. 73.