g 59. Gesundheitswesen. 107
die Apotheke auf ihre Rechnung durch einen geprüften Apotheker weiterbetreiben lassen,
und, wenn ein Sohn oder Schwiegersohn des alten Konzessionärs die Prüfung bestanden hat,
kann er die Uebertragung der Konzession auf seine Person fordern; frei veräußerlich
endlich sind die aus früherer Zeit noch fortbestehenden Real-Apothekergerechtigkeiten. —
Auch an Gemeinden und Kreise kann die Konzession verliehen werden, die sie dann an
geprüfte Apotheker zu verpachten haben 1). — Die Aufsicht über die Apotheker wird
durch die Ministerialabtheilung für Gesundheitspflege geführt. Zur Abgabe von Gut-
achten sind Kreis= oder Provinzialausschüsse und ein Centralausschuß der Pharmazeuten
gebildet, ähnlich wie die ärztlichen Ausschüsse. — Arzneimitteltax#e vom 18. Dez. 1883.
Eine Erhöhung der Taxe ist auch durch Vereinbarung nicht statthaft.
5. Ein umfassendes Seuchengesetz fehlt. Nur für Blattern und Hundswuth ist
vorgeschrieben, daß jeder Krankheitsfall amtlich anzuzeigen ist; auch sollen Ammen,
welche an einem ansteckenden Uebel leiden, die Dienstherrschaft davon in Kenntniß setzen?.
Für andere Krankheiten gelten örtliche Polizeiordnungen ). Das Iwmpfwesen ist —
nachdem der Impfzwang in Hessen bereits durch Gesetz vom 6. Aug. 1807 eingeführt
war — jetzt reichsrechtlich geregelt durch Reichsgesetz vom 8. April 1874; dazu hessisches
Ausführungsgesetz vom 25. Mai 1875, Bekanntmachung vom 13. Dez. 1887.
6. Thierkadaver sind auf dem amtlich bestellten Wasenplatz durch den Wasenmeister
oder in dessen Gegenwart zu verscharren0.
7. Die Fleischschau-Ordnung vom 10. April 1880 5) ordnet die obligatorische
Fleischbeschau für alles zum menschlichen Genuß bestimmte Fleisch an (ausgenommen für
Sauglämmer und Spanferkel, sowie alles für den eigenen Hausbedarf des Schlachtenden
bestimmte Fleisch); der Verkauf nicht besichtigten Fleisches, mag der Verkäufer selbst ge-
schlachtet oder das Fleisch anderweit gekauft haben, ist bei Strafe verboten. Die Fleisch-
beschau geschieht durch geprüfte Fleischbeschauer, welche vom Kreisamt für jede Gemeinde
zu bestellen sind; ist das geschlachtete Thier krank gewesen, so ist die Fleischbeschau
durch einen Thierarzt zu bewirken, ausgenommen bei Kälbern und Schafen; das Gut-
achten des Fleischbeschauers oder Arztes lautet auf ladenrein, genießbar aber nicht laden-
rein, ungenießbar; genießbares aber nicht ladenreines Fleisch ist von ladenreinem Fleisch
abzusondern und beim Verkauf ausdrücklich als nicht ladenrein zu bezeichnen; ungenieß-
bares Fleisch ist zu verscharren. — Die Art der Fleischbeschau ist durch Instruktion
vom 10. April 1880 bestimmt. Die Anwendung des Mikroskops ist nicht vorgeschrieben,
sodaß die Fleischbeschau die Auffindung z. B. von Trichinen nicht sichert; doch kann
durch Ortspolizeireglement auch die Trichinenschau für obligatorisch erklärt werden .
8. Die Beerdigung ist nur mit ortspolizeilicher Erlaubniß, welche auf Grund
eines Todtenscheins des Arzts oder amtlich bestellten Leichenbeschauers ertheilt wird, statt-
haft. Sie darf nur auf dem Friedhof oder in einem polizeilich genehmigten Familien-
begräbniß erfolgen?). Die Anlegung von Friedhöfen bedarf der Zustimmung des Kreis-
amts. Regelmäßig geschieht sie nicht durch die Kirchen-, sondern durch die Ortsgemeinden,
denen denn auch die Verwaltung und Unterhaltung des Friedhofs zufällt; doch gibt es
aus älterer Zeit noch Friedhöfe, die einer Kirchengemeinde gehören, und auch die Neu-
anlage eines solchen kirchlichen Friedhofs ist gesetzlich nicht untersagt. — Erst nach
5 Jahren kann ein Grab zu einem neuen Begräbniß, erst nach 30 Jahren ein ge-
schlossener Friedhof zu irgend einem nicht friedhofmäßigen Zweck benutzt werden ).
9. Sonstige gesundheitspolizeiliche Regeln gibt Polizeistrafgesetzb. Art. 244—373.
1) Bek. v. 15. Mai 1885. 2) Pol.Str.G.B. Art. 353. 3) Pol. Str. G. B. Art. 349.
4) Pol. Str.G. B. Art. 299 ff. 5) Schon früher V. v. 2. Okt. 1830.
6) Ist z. B. in Worms geschehen, Z. 3, S. 192.
7) Pol. Strafgesetzb., Art. 363. 8) Zeller 1, S. 265.