*#60. Bauwesen. 109
c) Sobald der Bauplan ausgeführt wird, dürfen neue Gebäude nur in Gemäß-
heit des Plans aufgeführt werden, und alte Gebäude, die dem Plan widersprechen, sind
wenigstens dann zu entfernen, wenn die Gemeinde es fordert.
d) Durch Ortsstatut kann die Neuerrichtung von Gebäuden, die dem Bauplan
widersprechen oder an Straßen liegen, die zwar vom Bauplan vorgesehen, aber noch nicht.
eröffnet sind, ganz verboten werden.
e) Bei Durchführung des Bauplans ist den betheiligten Eigenthümern Schadens-
ersatz zu geben, wenn sie ihre Grundstücke zur Anlage von Straßen u. s. f. abtreten
müssen. Jedoch werden dabei die enteigneten Grundstücke nur dann als Baugelände
abgeschätzt, wenn sie an einer Straße liegen, welche als solche bereits vor Festsetzung
des Bauplans bestand oder in dem Bauplan als neue Straße vorgesehen ist; andernfalls
wird ihr Werth lediglich nach der bisherigen Art ihrer Benutzung als Ackerland, Wald
u. s. f. bemessen. Für Grundstücke, die nicht enteignet werden, aber durch den Bauplan
Baubeschränkungen erleiden, wird Entschädigung nur gewährt, wenn ein darauf bereits
vorhandener Bau entfernt werden muß; ferner ist, wenn bei Enteignung eines Grund-
stückstheils der Rest, obschon er an einer Straße belegen ist, zur Bebauung nicht mehr
paßt, auch für diesen Theil Ersatz zu zahlen.
5. Die Wohnungspolizei ist durch Gesetz vom 1. Juli 1893 neugeregelt, so jedoch
daß die Regeln nur für Gemeinden mit über 5000 Einwohnern gelten, während sie in
anderen Gemeinden erst durch besondere Polizeiverordnung eingeführt werden müssen. Im
Uebrigen ist zu unterscheiden:
a) Für alle größeren Wohnungen und für solche kleine Wohnungen, die der Eigen-
thümer selbst bewohnt, ist durch das neue Gesetz nur festgestellt, — was doch schon nach
älterem Rechte nicht zweifelhaft war, — daß die Polizei= und Gesundheitsbehörden sie
darauf hin zu untersuchen befugt sind, ob sie der Gesundheit oder Sittlichkeit Gefahr
drohen. Im Uebrigen verbleibt es bei den allgemeinen Regeln der Bau= und Gesund-
heitspolizei.
b) Eingreifendere Regeln sind für Miethwohnungen aufgestellt, wenn sie für kleine
Leute bestimmt sind, oder genauer: wenn sie einschließlich der Küche nur 3 Räume um-
fassen oder im Keller oder unter dem Dache liegen oder wenn ihr Fußboden, ohne unterkellert
zu sein, sich nicht mehr als ¼ Meter über den Erdboden erhebt. Zunächst kann näm-
lich durch Polizeiverordnung das Mindestmaß von Luftraum bestimmt werden, welches
für jeden Bewohner der Miethräume vorhanden sein muß. Ferner kann die Benutzung
der Wohnung, wenn sie gesundheitsschädlich ist, verboten werden. Ist das Verbot rechts-
kräftig ), so ist es auch gegen die Miether vollstreckkar, so daß diese polizeilich aus-
gewiesen werden können: doch ist ihnen eine Räumungsfrist, die bis zu 5 Jahren gehen
kann, zuzugestehen, falls die Wohnung zu der Zeit, wo die Miether sie bezogen, polizei-
lich noch nicht beanstandet war. Endlich ist zur Erleichterung der polizeilichen Kontrolle
bestimmt, daß der Vermiether von dem Vermiethen der Wohnung, der Zahl der ein-
ziehenden Personen u. s. f. der Ortspolizei Anzeige machen muß.
c) Auch für Schlafräume, die ein Arbeitgeber seinen Arbeitern oder Dienstboten
zuweist, kann die Polizei das Mindestmaß des Luftraums vorschreiben und die Räumung
fordern, wenn die Benutzung gesundheitsgefährlich ist. Polizeiliche Anzeige ist nicht
nöthig.
d) Strenger sind die Regeln für die Vermiethung von Schlafstellen, wobei
es für den Begriff der Schlafstelle gleichgültig sein soll, ob der Miether den Raum auch
1) Siehe unten S. 110, Nr. 7.