124 Sechster Abschnitt: Landesverwaltung. 4. Verw. in Bezug auf das wirthschaftl. Leben. 8 67.
bereinigung betheiligten Grundbesitzer ernannt wird; es entscheidet endgültig; der Rechts-
weg 1) ist ausgeschlossen (Art. 16—32).
e) Das Ersatzgrundstück soll dem bisherigen Grundstück an Werth möglichst ent-
sprechen. Unvermeidliche kleine Werthunterschiede sind in Geld auszugleichen (Art. 21).
f) Pachtungen, Hypotheken u. dgl., welche sich auf ein in die Feldbereinigung
gezogenes Grundstück beziehen, gehen auf das Ersatzgrundstück über. Pächter und Gläu-
biger haben gegen die Feldbereinigung kein Einspruchsrecht (Art. 25—30).
g) Den Abschluß des Verfahrens, nachdem die grundlegenden Pläne endgültig
festgestellt sind, macht die Zuweisung der Ersatzgrundstücke, deren Aussteinung, die Be-
richtigung der Grundbücher, die Ausführung der Meliorationen (Art. 33—35).
4. Landeskulturgenossenschaften können zum Zwecke, die Land-
oder Forstwirthschaft zu fördern, in mannigfachster Art begründet werden, z. B. zur
Aufforstung von Ländereien und gemeinsamer Bewirthschaftung benachbarter Waldparzellen,
zur Berieselung von Wiesen, Drainage von Feldern u. s. f.?).
a) Sie können rein privatim gebildet werden. Dann ist der Beitritt der Mit-
glieder ein freiwilliger, und auch der Austritt ist den Mitgliedern nach Maßgabe des
Statuts freigegeben. Errichtung durch Aufstellung eines gerichtlichen oder notariellen
Statuts und durch Eintragung in ein vom Anmtsgericht zu führendes Register
(Art. 9—14). Die Mitglieder sind für die Genossenschaftsschulden zwar nicht haft-,
aber unbeschränkt deckungspflichtig; dem Gläubiger steht also der Einzelangriff unmittelbar
gegen die Mitglieder nicht zu; wohl aber sind die Mitglieder der Genossenschaft gegen-
über zur Einzahlung der zur Deckung der Genossenschaftsschulden nöthigen Beiträge
verpflichtet; die Beitragspflicht jedes Mitglieds geht zunächst nur auf einen im Statut
zu bezeichnenden Antheil; ist aber ein Mitglied zahlungsunfähig, so müssen die übrigen
Mitglieder den Ausfall decken. Ausgetretene Genossen sind noch zwei Jahr lang deckungs-
pflichtig. Streitigkeiten zwischen der Genossenschaft und ihren Mitgliedern werden im
Rechtswege entschieden.
Alle diese Regeln erinnern an die eingetragene Genossenschaft mit unbeschränkter
Nachschußpflicht, welche das Reichsgenossenschaftsgesetz von 1889 neu eingeführt hat.
Doch läßt das hessische Gesetz die Nachschußpflicht nicht erst, wie das Reichsgesetz, bei
Konkurseröffnung über das Genossenschaftsvermögen eintreten und gestattet ferner die
Beitreibung der Nachschüsse nur im ordentlichen Rechtswege, also nach vorausgegangener
Klage des Vorstandes gegen den säumigen Genossen, während das Reichsgesetz die
Zwangsvollstreckung gegen die Genossen ohne Ausklagung erlaubt.
b) Die Genossenschaften können auch als öffentlich-rechtliche Korpo-
rationen gebildet werden, vorausgesetzt, daß sie einem „höffentlichen oder gemein-
wirthschaftlichen“ Nutzen dienen. Dann werden sie einer fortlaufenden staatlichen Auf-
sicht unterworfen; schon das bei ihrer Begründung zu errichtende Statut und später
iede Statutenänderung, jede dauernde Schuldaufnahme, jede Grundstücksveräußerung be-
darf staatlicher Genehmigung; wenn die Genossenschaft es unterläßt, die ihr gesetz= oder
statutenmäßig obliegenden Ausgaben in ihr Budget aufzuehmen, so kann die Ausgabe
vom Kreisausschuß zwangsweise in das Budget eingestellt werden u. s. f. (Art. 47, 48,
49, 55), lauter Regeln, die ganz ähnlich für die politischen Ortsgemeinden gelten.
Dafür gewinnt aber die Genossenschaft auch gewisse Vorrechte der Ortsgemeinden: die
Beiträge, welche die Genossen an die Genossenschaft zu leisten haben, werden nämlich
1) Entsch. d. Verw.G.'s, Z. 18, S. 37.
2) Ges. v. 28. Sept. 1887. Ueber Wassergenossenschaften, Ges. v. 30. Juli 1887, Art. 32
bis 92. Ueber Deichverbände s. oben S. 112.