8 70. Viehzucht. Forstwirthschaft. Jagd. 127
5. Forstlehranstalt, mit der Gießener Landesuniversität verbunden, gegründet am
24. März 1825.
§ 70. d. Die Jagd 1). 1. Als jagdbare Thiere gelten: alles genießbare Haar-
wild, alle zum Haarwild gehörenden Raubthiere vom Iltis an aufwärts, Dachs, Fisch-
otter, das genießbare Federwild von den Drosseln aufwärts, Lerchen, Reiher, Raub-
vögel. Die übrigen wilden Thiere unterliegen dem freien Thierfang.
2. Die Jagdberechtigung ) steht grundsätzlich der Ortsgemeinde zu. Doch darf die
Gemeinde das Jagdrecht nicht selber — etwa durch einen angestellten Gemeindejäger,
wie in Preußen — ausüben, sondern muß die Jagd verpachten; sie kann dabei die Ge-
meindeflur in beliebig kleine Jagdbezirke zerlegen 3); Pachtzeit längstens 6 Jahre,
für jeden Bezirk höchstens 3 Pächter; von der Pacht ausgeschlossen sind Personen, denen
die bürgerlichen Ehrenrechte aberkannt oder die wegen Wilddiebstahls, Gewaltthätigkeit
u. s. f. bestraft sind; der Pachtzins wird nicht etwa, wie in Preußen, an die Grund-
besitzer vertheilt, sondern ist gewöhnliche Gemeindeeinnahme.
Ausnahmsweise steht das Jagdrecht nicht der Gemeinde zu, sondern
a) dem Grundeigenthümer, falls sein Grundstück eine geschlossene Fläche von
75 Hektar "1) oder eine selbständige Gemarkung bildet oder rings von verschlossenen
Mauern, Zäunen u. dgl. umgeben ist.
Wenn also Jemand ein Grundstück von 70 Hektar durch Ankauf anschließender
5 Hektar auf die gesetzliche Größe bringt, so hat er damit von Rechts wegen die Jagd-
gerechtigkeit erworben; so auch dann, wenn die Gemeinde erst kurz zuvor das Jagdrecht
selber durch Ablösung erworben hat 5); der neu erstandene Jagdinhaber braucht der Ge-
meinde nicht einmal das von ihr gezahlte Ablösungskapital zu erstatten. — Liegt eine
Enklave rings unschlossen von einem Privatjagdbezirk, so hat weder der Besitzer der
Enklave noch der des Jagdbezirks das Jagdrecht in der Enklave, sondern die Jagd ruht
darin, der Jagdbezirkinhaber muß aber trotzdem an die Gemeinde für die Enklave
Jagdpacht zahlen.
b) dem Inhaber einer Jagdgerechtigkeit auf fremdem Grund und Boden.
Solche Jagdgerechtigkeiten kamen in älterer Zeit sehr oft vor; durch Gesetz vom
26. Juli 1848 wurden sie freilich aufgehoben, aber 1852 wiederhergestellt. Auch eine
Neubegründung solcher Jagdgerechtigkeit ist nicht ausgeschlossen, natürlich nur in Jagd-
bezirken, der zu a) genannten Art, in denen zur Zeit dem Eigenthümer die Jagd zu-
steht. Indeß sind die Jagdgerechtigkeiten auf fremdem Grund und Boden ablös-
bar“"); die Ablösungssumme ist gleich dem 18 fachen Betrage des durchschnittlichen
Jahresertrages der Jagd; im Streitfalle wird sie im reinen Verwaltungsstreitverfahren
festgestellt; thatsächlich ist die Ablösung nur in 27 Gemeinden noch nicht durch-
geführt?.
3. Es können zum Zwecke gemeinsamer Benutzung oder Pachtung zusammen-
hängender Jagdbezirke — mag das Jagdrecht der Gemeinde oder dem Eigenthümer zu-
stehen. — Jagdgenossenschaften gebildet werden. Sie beruhen durchaus auf
Freiwilligkeit: sowohl die betheiligten Gemeinden wie die Jagdpächter oder Jagd-
1) Haller, die in Hessen dermalen gültige Jagdgesetzgebung, 3. Aufl. 1884.
2) Ges. v. 26. Juli 1848 u. 2. Aug. 1858.
3) 1893 hatte die Regierung vorgeschlagen eine Theilung in Bezirke unter 400 Hektaren
zu verbieten, doch ist das Gesetz nicht zu Stande gekommen. 27. Land., II. Kammer, Beil. I, Nr. 17.
4) In Rheinhessen 200 Morgen; bei Feldern, die mindestens 100 Morgen groß find, hat
der Eigenthümer das Recht persönlich neben dem Gemeindepächter mitzujagen, V. v. 21. Sept. 1815.
5) Entsch., des Oberlandesgericht Darmstadt, Z. 14, S. 43.
6) Ges. v. 2. August 1858. 7) 27. Landt., II. Kammer, Beilage I, 16.
