§8 75. Unterrichtswesen. 133
c) Der Kreisschulinspektor, regelmäßig einer im Kreise. Er ist definitiv
angestellter besoldeter Staatsbeamter und soll ein theoretisch und praktisch gebildeter Schul-
mann sein.
d) Die Kreisschulkommission)), eine in jedem Kreise. Sie besteht aus
dem Kreisrath als Vorsitzendem, den städtischen Bürgermeistern und den Kreisschul-
inspektoren des Kreises, endlich aus drei vom Kreisausschuß gewählten Mitgliedern. Die
Mitgliedschaft ist Ehrenamt, doch werden bei Dienstreisen Taggebühren und Reisekosten
vergütet; die Wahl kann nicht abgelehnt werden. Auch die gewählten Mitglieder der
Kommission werden beeidigt und unterliegen der gleichen Disziplin wie Staatsbeamte.
e) Die Ministerial-Abtheilung für das Schulwesen, bestehend aus einem Ministerial-
rath als Vorsitzendem und 2 oder mehr Schulmännern?).
f) Das Ministerium des Innern und der Justiz, Sektion für innere Verwaltung.
Alle diese Behörden üben die Aufsicht über die Schule nebeneinander. Zugleich ist
die Kreisschulkommission höhere Instanz über dem Schulvorstand, die Ministerial-Abtheilung
über der Kreisschulkommission.
7. Die Lehrer müssen regelmäßig ein Schullehrerseminar besucht haben (während
die Vorbereitung auf einer Präparanden-Anstalt ihnen frei anheimgegeben ist); sodann
Ablegung einer Seminarprüfung, zweijährige praktische Beschäftigung als stellvertretender
Lehrer, Hülfslehrer u. dgl., Schlußprüfung 3); Lehrer, die später noch eine dritte Prüfung
freiwillig ablegen, werden bei der Besetzung der Stellen von Oberlehrern, Kreisschul-
inspektoren u. s. f. besonders berücksichtigt. Mitglieder geistlicher Orden und ordens-
ähnlicher Kongregationen dürfen als Lehrer nicht beschäftigt werden. — Die Ernennung
geschieht durch das Ministerium. Doch ist dieses in der Auswahl beschränkt. Dabei
ist zwischen denjenigen Gemeinden, in welchen Standesherren oder Rittergutsbesitzer von
früherer Zeit her ein Präsentationsrecht haben, und den Gemeinden ohne Präsentations-
recht zu unterscheiden. In den ersteren hat es bei der Präsentation") des Berechtigten
sein Bewenden: Gemeinde und Schulvorstand haben also auf die Besetzung der Lehrer-
stellen keinen Einfluß. In den Gemeinden ohne Präsentationsrecht wird dagegen eine
Liste aller in Betracht kommender Bewerber dem Gemeinde= und dem Schulvorstande
mitgetheilt, um ihnen Gelegenheit zu geben, ihre Bedenken oder etwaige positive Wünsche
zu äußern; in Stadtgemeinden hat außerdem der Schulvorstand das Recht, unter drei
vom Ministerium zu bezeichnenden Kandidaten die Auswahl zu treffen. — Die Pflichten
der Lehrer sind durch Gesetz und Instruktion genau bestimmt; wo es herkömmlich, müssen
sie auch die Funktionen eines Organisten oder Kantors übernehmen, dagegen nicht auch
die eines Glöckners. Zur Uebernahme jedes Nebengeschäfts bedürfen sie der Erlaubniß
der Kreisschulkommission; doch ist die Erlaubniß zur Ertheilung von Privatunterricht
ihnen nur dann zu versagen, wenn dadurch der Dienst Noth leidet. — Das Gehalt ist
nach Anhörung des Gemeinde= und Schulvorstandes vom Ministerium für jede Lehrer-
stelle festgesetzt und zwar mit Rücksicht auf die Größe der Schule und des Orts in Ab-
stufungen von 900—2200 Mark; bei Schulen mit mehreren Lehrern sind die einzelnen
Stellen verschieden besoldet, und die Lehrer rücken regelmäßig nach ihrem Dienstalter
auf; zugleich ist aber, weil das Aufrücken in die besseren Stellen davon abhängt, ob sie
zufällig früher oder später erledigt werden, für jeden Lehrer eines bestimmten Dienst-
alters ein Mindestgehalt — z. B. nach 5jähriger Dienstzeit 1000 Mark — festgesetzt,
1) Instr. v. 21. Sept. 1874. 2) V. v. 3. Aug. 1874.
3) Prüfungsordn. v. 10. Jan. 1876.
4) Siehe oben S. 16. 17. Ueber das Verfahren V. v. 31. Dez. 1860. — Ein Antrag der
II. Kammer, das Präsentationsrecht aufzuheben, war erfolglos.