Full text: Handbuch des Öffentlichen Rechts. Band III.1.4. Das Staatsrecht des Großherzogtums Hessen. (4)

10 Zweiter Abschnitt: Staat und Staatsverfassung. 1. Staatsoberhaupt. 83. 
hat 1608, 1628 und im Westfälischen Frieden 1648 die kaiserliche Bestätigung erhalten. Später 
haben freilich Philipp und Friedrich eine Abfindung in Land erhalten, jedoch in stäter Abhängigkeit 
vom Darmstädter Hauptlande, sodaß eine eigentliche Landestheilung in dieser Landabfindung nicht 
lag. Die Abfindung Philipps (Butzbach) fiel 1643 an Darmstadt zurück. Die Abfindung Friedrichs 
(Homburg) wurde 1806 bei Gründung des Rheinbundes von Darmstadt eingezogen, jedoch 1816 
wieder zurückgegeben, und nunmehr als souveräne Landgrafschaft, ohne Abhängigkeit von Darmstadt #). 
Es muß somit betont werden, daß Hessen-Homburg erst 1816 ein eigener „Staat“ geworden ist; merk- 
würdig genug: während man in jener Zeit die Einziehung der vielen Kleinstaaten, welche in den Tagen 
des Rheinbunds stattgefunden, als vollendete Thatsache hinnahm und sogar auf zwei weitere Kleinstaaten 
(Isenburg und Leyen) ausdehnte, stellte man im Falle Homburg nicht etwa bloß einen älteren 
Kleinstaat wieder her, sondern schuf sogar einen neuen Kleinstaat. — 1866 ist die Homburger Linie 
ausgestorben und ihr Besitz an Darmstadt heimgefallen, freilich nur um nach wenig Monaten an 
Preußen abgetreten zu werden. 
2. In zweiter Reihe stehen die durch Erbverbrüderung zur Nachfolge berech- 
tigten Prinzen. 
a) Dies sind zunächst die Prinzen des landgräflichen Hauses von Hessen-Cassel 
gemäß des Ziegenhainer Brüdervergleichs von 15682). Uebrigens wären diese Prinzen 
auch ohne die Erbverbrüderung zur Thronfolge berechtigt, da sie Nachkommen Philipps 
des Großmüthigen sind, und dieser bereits im Besitz der darmstädtischen Stammlande 
gewesen ist. 
Auch unter diesen Prinzen gilt das Vorrecht der Erstgeburt, sodaß der Reihe nach 
die Rumpenheimer, die Philippsthaler und die Philippsthal-Barchfelder Linie erbberechtigt 
sind ). Daß das landgräfliche Haus 1873 seine Rechte auf die Regierung des früheren 
Kurstaats, sowie alle damit zusammenhängenden Rechte und Bezüge an Preußen ab- 
getreten hat, steht ihrem Erbrecht nicht entgegen. Denn dies Erbrecht hängt nicht mit 
der Regierung des Kurstaats zusammen, sondern mit der Zugehörigkeit zur hessischen 
Fürstenfamilie. 
b) Die Häuser Sachsen und Brandenburg nach dem Naumburger Vertrage vom 
30. März 1614 0). Hiernach soll beim Aussterben der Hohenzollern Brandenburg je zur 
Hälfte an Sachsen und Hessen, beim Aussterben der Wettiner Sachsen zu ½ an Branden- 
burg, zu / an Hessen, beim Aussterben der hessischen Fürsten Hessen zu ½8 an Branden- 
burg, zu / an Sachsen fallen. Welches Glied der zur Erbfolge gerufenen Häuser die 
Erbschaft erlangt, ist aus dem Recht dieser Häuser zu entnehmen. Für Brandenburg 
wäre es der jeweilige König von Preußen. Für das Gesammthaus Sachsen besteht 
dagegen — wie noch zuletzt bei der Erbfolge in Sachsen-Gotha anerkannt ist — kein Vor- 
recht der Erstgeburt: es kämen also die Häupter aller jetzt regierenden sächsischen Häuser, 
¾l| Bek. v. 10. Juli 1816. 
2) (Beck's) Hess. Staatsrecht 2, S. 92. 
3) Dies geht aus folgender Stammtafel hervor: 
Philipp der Großmüthige 1567. 
  
  
  
  
Wilhelm JV. k. 1592. . Georg I. 1 1596. 
Wilhelm VI. 1 1663. « 
Jakljsnsa Philipp 1 1731. « 
Friedrich·H-s1785. Karl 1770. Wilhelm 
Wilhelm J. f 1821. Friedrich f1887. « 
Friedrich Wilhelm Alexander Friedrich, Ernst, Alexis, Ernst Ludwig, 
1875, Kurlinie geb. 1863 geb. 1846, geb. 1829, geb. 1868, 
ausgestorben. Rumpenheimer L. Philippsthaler L. Barchfelder L. Großherzogl. L. 
4) (Beck's) Hessisches Staatsrecht 2, S. 15.
	        
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