l 13. Geschäftsführung der Ständeversammlung. 29
e) Schluß der Verhandlung, wenn Niemand mehr das Wort erbittet; ein früherer
Schlußantrag ist nur zulässig, wenn alle, die sich zum Wort gemeldet, wenigstens ein-
mal gesprochen haben.
7. Ein gültiger Beschluß liegt nur vor, wenn in einer jeden Kammer die absolute
Mehrheit der Abstimmenden dem Beschluß beitritt und sich bei der Abstimmung in der
ersten Kammer mindestens 12, in der zweiten mindestens 27 Mitglieder betheiligen.
Doch gelten folgende Ausnahmen?):
a) Fehlt die erforderliche Mindestzahl der Abstimmenden nur in einer Kammer,
so wird angenommen, daß diese dem Beschluß der anderen Kammer zustimmt. Wollen
also in der ersten Kammer von 15 anwesenden Mitgliedern 4 dem Beschluß der zweiten
Kammer zustimmen, die übrigen 11 dagegen ihn ablehnen, so können die ersteren 4
durch Stimmenthaltung bewirken, daß die erste Kammer als zustimmend angesehen wird.
b) Liegt in einer genügend besetzten Kammer Stimmengleichheit vor, so gilt als
angenommen der Antrag der Regierung, in anderen Sachen die Meinung für das Be-
stehende; in allen übrigen Fällen gilt die gestellte Frage als verneint.
J) Lehnt die erste Kammer das von der zweiten Kammer beschlossene Finanzgesetz
im Ganzen ab, so findet in der alsdann anzuberaumenden gemeinsamen Sitzung eine
einheitliche Abstimmung ohne Trennung der zur ersten oder zweiten Kammer gehörigen
Stimmen statt. Aehnlich werden, wenn ein von der Regierung eingebrachter Gesetz-
entwurf in zwei auf einander folgenden Landtagen von einer Kammer angenommen,
von der andern abgelehnt wird und die Regierung den Entwurf nicht zurückzieht, die
bei der letzten Abstimmung in beiden Kammern abgegebenen Stimmen zusammengezählt;
die Abstimmung beider Kammern ist also auch in diesem Fall, obschon formell getrennt,
der Sache nach eine gemeinsame.
d) Bei Verfassungsänderungen finden die drei Ausnahmen zu a)—c nicht statt.
Hier ist vielmehr in jeder Kammer Zweidrittelmehrheit der Abstimmenden, welche jedoch
nicht unter 12 Stimmen in der ersten und unter 26 Stimmen in der zweiten Kammer
herabgehen darf, erforderlich.
e) In gewissen Fällen genügt der Beschluß einer einzelnen Kammer. So bei
inneren Angelegenheiten einer Kammer (Büreauwahl, Wahlprüfungen u. s. f.). Ferner bei
Beschwerden, die eine Kammer an die Staatsregierung richtet; nur ist hier wenigstens
der Versuch zu machen, die Zustimmung der andern Kammer zu erlangen.
8. Jede Kammer besitzt vier ständige Ausschüsse und kann für einzelne Angelegen-
heiten noch weitere Ausschüsse bestellen. Die Ausschüsse werden von der Kammer gewählt;
jeder Ausschuß wählt einen Präsidenten; dieser ernennt die Berichterstatter ). Die Aus-
schüsse beider Kammern können miteinander in Berathung treten; bezüglich des Finanz-
gesetzes ist dies sogar allgemein vorgeschrieben; ebenso für Anträge, welche die Regierung
gleichzeitig bei beiden Kammern einbringt, und für Ausschüsse, die auf Verlangen der
Regierung für größere Werke der Gesetzgebung gewählt sind 3).
9. Die großherzoglichen Landtagskommissäre und die Mitglieder der Ministerien,
sowie die von diesen mitgebrachten Beamten haben stets Zutritt in den Kammern und
können jederzeit das Wort verlangen ). Sie stehen nicht unter der Hausordnung des
Präsidenten.
10. Die Verhandlungen beider Kammern sind für erwachsene Zuhörer öffentlich.
Doch ist die Oeffentlichkeit auszuschließen, sobald die Regierung es wegen der von ihr
1) Geschäftsordn. 46—48. Verf. 67, 75, 82, 110. Z
2) Geschäftsordn. 23—32. 3) Geschäftsordn. 23—32. Ges. v. 14. Juni 1836 u. 10. Mai 1842.
4) Geschäftsordn. 43.