Full text: Handbuch des Öffentlichen Rechts. Band III.1.4. Das Staatsrecht des Großherzogtums Hessen. (4)

30 Zuweiter Abschnitt: Staat und Staatsverfassung. 4. Die Behörden u. ihr Verfahren. § 14. 
der Kammer zu machenden Eröffnungen verlangt, sei es für diese Eröffnungen selbst, 
sei es für die darüber stattfindende Berathung und Abstimmung; die Regierung kann 
in diesem Fall auch fordern, daß die Verhandlungen nicht im Druck veröffentlicht 
werden. S Die Kammer kann die Entfernung der Zuhörer auch noch in andern Fällen 
nach freiem Ermessen beschließen; doch unterbleibt alsdann die Veröffentlichung durch 
den Druck nicht!). — Die Berathung der Ausschüsse ist dagegen geheim; Zutritt haben 
nur die Präsidenten, die Antragsteller und die Regierungskommissäre 7. 
11. Ueber jede Verhandlung wird ein Protokoll aufsgenommen. Die Verhand- 
lungen werden stenographirt ). 
12. Wahrheitsgetreue Berichte über die Kammerverhandlungen sind straffrei ); dies 
gilt, da das Gesetz nicht unterscheidet, selbst für die geheimen Verhandlungen, wenn deren 
Inhalt durch Vertrauensbruch bekannt wird. 
13. Die Kammerverhandlungen sind gegen jede Störung strafrechtlich geschützt 5. 
IV. Kapitel. 
Die Behörden und ihr Verfahren. 
§ 14. a. Die Ministerien und Ministerialabtheilungen. Ihre Einrichtung ist 
nur zum Theil gesetzlich geregelt. Ueberwiegend beruht sie auf großherzoglichen Ver- 
ordnungen, namentlich der vom 15. März 1879. 
I. Es sind drei Einzelministerien vorhanden. 
Bis 1872 bestand außerdem ein Kriegsministerium; dessen Geschäfte, soweit sie nach der 
Reichsverfassung und der mit Preußen abgeschlossenen Militärkonvention noch bei Hessen verbleiben, 
sind auf die Generaladjutantur übergegangen. V. v. 26. Febr. 1872. Außerdem bestand 1848 
bis 1879 ein vom Ministerium des Innern getrenntes eigenes Justizministerium. 
1. Der Staatsminister. 
a) Er ist zuständig für die Angelegenheiten des großherzoglichen Hauses, für das 
Aeußere, die Rheinschifffahrt, das Archiv u. s. f. Zugleich hat er den Vorsitz im Staats- 
ministerium. Außerdem sind ihm die in den beiden andern Ministerien ausgearbeiteten 
allgemeinen Anordnungen zur Ausführung von Gesetzen und Verordnungen, sowie alle 
Anträge auf Anstellung, Beförderung und Versetzung der akademisch gebildeten Beamten, 
soweit sie nicht vor das Gesammtministerium gehören, zur Genehmigung vorzulegen. 
b) Mit berathender Stimme ist ihm ein Ministerialrath beigegeben. 
2. Das Ministerium des Innern und der Justiz. 
à) Es zerfällt in zwei von einander unabhängige Sektionen, eine für die innere 
Verwaltung, zugleich zuständig für das Kirchen-, Unterrichts-, Medizinalwesen, 
Handel, Landwirthschaft und Bergbau, die andere für die Justiz. 
b) Das Ministerium und seine beiden Sektionen sind büreaukratisch eingerichtet. 
Entscheidende Stimme hat also allein der Vorsteher des Ministeriums, und nur mit 
berathender Stimme sind ihm für jede Sektion ein Geheimer Staatsrath und eine Zahl 
von Ministerialräthen beigegeben; die Geheimen Staatsräthe sind außerdem, jeder für 
seine Sektion, die ständigen Vertreter des Vorstehers). Eine Ausnahme bilden die 
Verwaltungsstreitsachen: hier wird die Sektion für innere Verwaltung als Kollegium 
thätig und faßt ihre Entscheidungen mit Stimmenmehrheit?. 
1) Geschäftsordn. 36— 38. Ein Beispiel 22. Landtag, II. Kammer, Prot. VI, Nr. 72. 
2) Geschäftsordn. 26, 27. 3) Geschäftsordn. 17. 4) Strafgesetzb. 12. 
3 Strafgesetzb. 105, 106. 
6) V. v. 15. Nov. 1884. 7) Kreisordn., Art. 111.
	        
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