814. Die Ministerien und Ministerialabtheilungen. 31
3. Das Ministerium der Finanzen.
a) Es ist zuständig für die Finanzsachen, Forsten und Domänen, das staatliche
Bauwesen u. s. f.
b) Es ist büreaukratisch eingerichtet; entscheidende Stimme hat nur der Vorstand,
die ihm beigegebenen Ministerialräthe haben bloß berathende Stimme.
II. 1. Gewisse Angelegenheiten sind nicht den Einzelministerien überwiesen, son-
dern dem Gesammt= oder Staatsministerium. Nöänlich
a) die Beziehungen zum Deutschen Reich, soweit sie für die Staatsverwaltung
im Ganzen von Interesse sind;
b) die Auslegung zweifelhafter Bestimmungen der Verfassung und der ergänzenden Gesetze;
Jc) die Wahl, Einberufung, Vertagung u. s. f. des Landtags;
d) die Feststellung sämmtlicher den Ständen zu machenden Vorlagen, sowie der
auf die ständischen Beschlüsse zu fassenden Entschließungen;
e die Feststellung der großherzoglichen Verordnungen;
f) die Verhältnisse des Staatsdienstes und der Staatsdiener im Allgemeinen, sowie
insbesondere die Anstellung und Entlassung der Kollegialräthe, Richter, Professoren;
9) die Entschließungen gegenüber der Oberrechenkammer;
h) wichtige Fragen bezüglich des Verhältnisses des Staats zur Kirche, des Preß-
und Vereinswesens, der Eisenbahnen;
i) alle Sachen, die der Großherzog oder ein Ministerialvorstand dem Gesammt-
ministerium überweist.
2. Das Staatsministerium umfaßt Mitglieder mit beschließender und Mitglieder
mit berathender Stimme. Beschließende Stimmen haben nur die Vorstände der
drei Einzelministerien; berathende Stimmen haben die Geheimen Staatsräthe und die
Ministerialräthe. Aus besonderen Gründen können die Mitglieder mit beschließender
Stimme von der Zuziehung der Mitglieder mit bloß berathender Stimme ganz absehen.
3. Das Staatsministerium faßt seine Beschlüsse mit Stimmenmehrheit; bei Stim-
mengleichheit gibt die Stimme des Staatsministers den Ausschlag!); doch kann jedes
Mitglied der Minderheit auf die Entscheidung des Großherzogs provoziren.
Letztere Bestimmung fasse ich nicht dahin auf, daß wenn der Großherzog sich für die Minderheit
der Minister entscheidet, die Mehrheit sich fügen müßte oder auch nur — unter Abschiebung der Verant-
wortlichkeit auf das Minderheitsmitglied — sich fügen dürfte. Vielmehr wird die Ministermehrheit,
welche die Verantwortung für die Minderheitsbeschlüsse nicht tragen will, den Abschied nehmen müssen.
III. 1. Unter den Einzelministerien stehen für gewisse Angelegenheiten besondere
Ministerialabtheilungen; nänlich unter dem Ministerium für das Innere
und die Justiz die Abtheilung für Schulangelegenheiten und die für öffentliche Gesund-
heitspflege, unter dem Finanzministerium die Abtheilung für Steuerwesen, für Bau-
wesen, für Eisenbahnwesen. Beiden Ministerien zugleich ist die Abtheilung für Forst= und
Cameralverwaltung unterstellt.
2. Diese Abtheilungen sind Centralbehörden für das ganze Land. Sie sind aber
nicht oberste Behörden, sondern Mittelbehörden, weil gegen ihre Beschlüsse regelmäßig
der Rekurs an das Ministerium zulässig ist, und sie auch sonst den Anweisungen des
Ministeriums unterliegen.
3. Sie sind Kollegialbehörden und fassen ihre Beschlüsse mit Stimmenmehrheit.
Vorsitzender ist stets ein Ministerialrath, die übrigen Mitglieder sind vortragende Räthe
(theils technische, theils Verwaltungsbeamte).
1) Da das Staatsministerium zur Zeit nur aus zwei Personen mit beschließender Stimme
besteht, — der Staatsminister ist zugleich Vorstand des Ministeriums d. J. u. d. J. —, kann dieser
Fall sehr leicht vorkommen.