Full text: Handbuch des Öffentlichen Rechts. Band III.1.4. Das Staatsrecht des Großherzogtums Hessen. (4)

88 35 u. 36. Der Fiskus. Das Aktivvermögen. 61 
zu werden. In dringlichen Fällen kann der Provinzialausschuß den Unternehmer sogar 
schon früher in den Besitz einweisen, sobald er nur die vorläufig von der Lokalkommission 
festgestellte Entschädigung bezahlt oder hinterlegt hat. 
4. Mit der Zustellung des Enteignungsbeschlusses an den Unternehmer und Eigen- 
thümer geht das Eigenthum auf den ersteren frei von privatrechtlichen Lasten über, und 
das Amtsgericht hat auf Antrag des Unternehmers seine Eintragung als Eigenthümer 
und die Löschung der eingetragenen Lasten anzuordnen (Art. 47 f.). 
5. Führt der Unternehmer sein Unternehmen nicht binnen 3 Jahren aus oder 
verkauft er das Grundstück binnen dieser Frist, so kann der Enteignete gegen Erstattung 
der erhaltenen Entschädigungssumme und Vergütung für die seitdem eingetretene Werth- 
erhöhung die Rückgabe des Grundstücks fordern; will der Unternehmer nach Ablauf der 
3 und vor Ablauf von 8 Jahren das Grundstück verkaufen, so hat der Enteignete das 
Vorkaufsrecht (Art. 69). 
6. Für einzelne Fälle der Zwangsenteignung bestehen besondere Regeln; so im 
Bergrecht, im Wasserrecht, im Versicherungsrecht. 
Pierter Abschnitt. 
Das FEinanzwesen. 
I. Kapitel. 
Das Staatsvermögen. 
§ 35. a. Der Fiskus. Seine privatrechtliche Stellung ergibt sich aus dem ge- 
meinen und französischen Recht. Für Prozesse gegen den Fiskus aus den im Gerichts- 
verfassungsgeset § 70 bezeichneten Ansprüchen ist ausschließlich das Landgericht zu- 
ständig 7). 
§ 36. b. Das Aktivvermögen. 1. Das unbewegliche Vermögen zerfällt in das 
Hausvermögen der großherzoglichen Familie ?) und in eigentliches Staatsvermögen. Bis 
1866 gehörte der ganze Domanialbesitz — mit Ausnahme einiger Verwaltungsgebäude, 
der Staatsstraßen und der Staatseisenbahnen — zum Hausvermögen; allerdings hatte 
die hessische Verfassung ein volles Drittel der Domänen dem Staate überwiesen 3); dies 
Drittel ist aber zwecks Tilgung der öffentlichen Schuld allmählich verkauft worden. Erst 
seit 1866 ist das Staatseigenthum wieder erweitert, indem diejenigen Domänen, welche in 
den damals an Hessen abgetretenen Gebietstheilen belegen sind, dem Staat überwiesen 
wurden, und auch die seitdem erbauten oder käuflich erworbenen Eisenbahnen und Straßen 
dem Staat zufielen. 
Dies ganze unbewegliche Vermögen — sowohl das eigentliche Staats= wie das 
großherzogliche Hausvermögen — kann nur mit Zustimmung der Stände veräußert oder 
  
  
1) Ges. v. 3. Sept. 1878. 2) Ueber dieses fiehe oben S. 
3) Die Ausscheidung dieses Drittels ist 1821—1841 ausgeführt, Landtagsabsch. 141, 8 25.
	        
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