62 Vierter Abschnitt: Das Finanzwesen. 1. Das Staatsvermögen. 837.
dinglich belastet werden. Doch sind gewisse Ausnahmen zugelassen, z. B. der Verkauf
entbehrlicher Gebäude, die Veräußerung im Wege des Vergleichs, die Abtretung von
Geländen, die der Provinzialausschuß als für Bauzwecke geeignet erklärt!?).
Das Vermögen wird vom Staate zum Theil selbst bewirthschaftet. So nament-
lich die Eisenbahnen, die Forsten, Bergwerke, eine Anzahl von Wiesen u. s. f. Dagegen
werden die Feldgrundstücke verpachtet.
2. An sonstigem Vermögen kommen namentlich Werthpapiere, sowie die Grund-
renten in Betracht, die der Staat bei den landwirthschaftlichen Ablösungen erworben
hat, die Darlehnsforderungen auf Grund der von der Landeskreditkasse gegebenen Dar-
lehen u. s. f.
3. Allgemeiner Grundsatz für die ganze Vermögensverwaltung des Staats ist, daß
Kontrakte nur durch Lizitation, Veräußerungen nur durch Versteigerung abgeschlossen
werden sollen. Doch kann die oberste Verwaltungsbehörde Ausnahmen gestatten 2).
§ 37. c. Die Staatsschulden. Finanzschulden ) können regelmäßig nur mittels
Gesetzes aufgenommen werden. Doch kann die Regierung in außerordentlichen Fällen,
wo drohende äußere Gefahren die Aufnahme von Kapitalien dringend fordern, auch ein-
seitig ein Anlehen aufnehmen; dies Recht zu Nothanleihen ist dem zu Nothverordnungen
ähnlich, aber insoweit enger begrenzt, als es nur dann ausgeübt werden kann, wenn
eine Einberufung der Stände oder eine Berathung mit ihnen nicht möglich ist; es ver-
sagt also, wenn die Berathung mit den Ständen wirklich stattfindet, die Stände jedoch
die Anleihe ablehnen (Verf. Art. 71). Die Anleihen sind vom Gläubiger nicht künd-
bar; im Uebrigen ist die Art der Rückzahlung für die einzelnen Anleihen verschieden
bestimmt"). Der Zinsfuß beträgt durchweg 4%. Die Anleihen werden durch Staats-
schuldscheine auf den Inhaber verbrieft. — Die Mittel zur Bezahlung der Zinsen und
zur etwaigen Rückzahlung der Anleihen werden in jedem Etatsgesetz bestimmt und einer
besonderen Abtheilung der Hauptstaatskasse überwiesen. Eine regelmäßige Rückzahlung
der Anleihen findet seit geraumer Zeit nicht mehr statt5s). — Die S##ssch##ld#enver=
waltung 6) steht (unter oberer Leitung des Finanzministeriums) der Staatsschuldenkom-
mission zu; diese besteht aus dem Direktor der Hauptstaatskasse und einem Ständemit-
gliede, welches abwechselnd von einer der Kammern auf 6 Jahre ernannt wird. Ihr
steht ein Kontroleur zur Seite, der in gleicher Art abwechselnd von einer der Kammern
ernannt wird, jedoch nicht Mitglied der Stände zu sein braucht; er hat die auf die
Staatsschuld sich beziehenden Ausgaben und Einnahmen nach den von dem landständischen
Kommissär zu ertheilenden Anweisungen nachzuprüfen. — Ueber diese Ausgaben und
Einnahmen ist getrennte Rechnung zu führen und nach Prüfung durch die Oberrechnungs-
kammer der nächsten Ständeversammlung vorzulegen; die Rechnungsergebnisse sind jähr-
lich bekannt zu machen.
1) Verf. Art. 7, 9, Ges. v. 3. Sept. 1878 für Hausdomänen, Ges. v. 1. August 1878 unter
Aufhebung von Verf. Art. 10, für Staatsdomänen.
2) Ges. v. 14. Juni 1879, Art. 6, 7. *
3) Anderer Art sind die Verwaltungsschulden. Zu diesen gehören auch die Kapitalien, welche
auf Anordnung von Gerichten oder Verwaltungsbehörden in Beträgen von mindestens 200 Mk. beie
der Hauptstaatskasse hinterlegt werden. Der Staat verzinst sie mit 2% . Bek. v. 30. Sept. 1882.
Siehe Ges. v. 17. Juni 1882. ·
4) Bei der oberhessischen Eisenbahnschuld z. B. hat der Staat keine Abzahlungspflicht, wohl
aber das Recht, die Anleihe ganz oder theilweise mit halbjähriger Frist zu kündigen. Bek. v.
7. Juni 1876.
5) II. Kammer, 26. Landt. Beil. I, 44, S. 52; 27. Landt. I, 50, S. 51.
6) Ges. v. 22. März. 1879.