64 Vierter Abschnitt: Das Finanzwesen. 2. Staatseinnahmen. 8 40.
verwaltung. Die Veranlagung der direkten Steuern wird durch die Steuerkommissariate
besorgt, während die indirekten Steuern von den Haupt= und Untersteuerämtern fest-
gesetzt werden. Die Staatseinnahmen und Staatsausgaben werden von der Hauptstaats-
kasse1!), den Rentämtern und Obereinnehmereien, endlich von den Distriktseinnehmereien
besorgt. Für die Revision der Grundsteuerkataster u. dgl. besteht ein besonderes Kataster-
amt, für die Erbschaftssteuer ein Erbschaftssteueramt.
§ 40. c. Die vier direkten?) Steuern. Sie werden nach dem Einkommen der
steuerpflichtigen Personen oder nach dem Ertrage, welchen gewisse Theile ihres Vermögens
zu bringen geeignet sind, berechnet, und zwar so, daß die allgemeine Einkommensteuer
das ganze Einkommen belastet, die Kapitalrenten-, die Gewerbe= und die Grundsteuer
aber von einzelnen Theilen des Einkommens oder des Vermögens-Ertrages nochmals eine
zweite Abgabe erhebt. Soweit also die Steuerpflichtigen ein Einkommen oder einen
Ertrag aus Kapitalvermögen, Gewerbebetrieb oder Grundbesitz beziehen, werden sie doppelt
besteuert; das nicht fundirte Einkommen (Gehälter, Löhne u. s. f.) wird dagegen nur
einmal, nämlich nur durch die allgemeine Einkommensteuer getroffen.
Für alle hierhergehörigen Steuern gelten folgende Regeln:
1. Sie werden jährlich in sechs Zielen erhoben 3)
2. Die Höhe der Steuer wird nicht unmittelbar von dem durch die Steuer zu
belastenden Einkommen oder Vermögensertrage berechnet, sondern es wird ein Zwischen-
glied, das „Steuerkapital“, eingeschoben. Zunächst ist also von dem Einkommen oder
Vermögensertrage nach bestimmter gesetzlicher Regel ein Steuerkapital zu berechnen, und
der in jedem Jahr wirklich zu entrichtende Steuersatz wird erst mittelbar, in Form
eines Prozentsatzes vom Steuerkapital, bestimmt. Und zwar so, daß die Berechnung
des Steuerkapitals auf einem dauernden Gesetze beruht, also beharrlich ist, wäh-
rend die Bestimmung des Steuersatzes immer nur auf die Dauer der dreijährigen
Finanzperiode erfolgt, also beweglich ist. Auf diese Weise wird die absolute Höhe,
in welcher jede der Steuern in den einzelnen Finanzperioden aufzubringen ist, den
wechselnden Bedürfnissen des Staates angepaßt, der Maßstab aber, nach welchem jede
Steuer auf die einzelnen Steuerpflichtigen vertheilt wird, bleibt unverändert. So ist
z. B. bei der Einkommensteuer das Steuerkapital für Einkommen von 900 Mk. —
80 Mk., für Einkommen von 50000 Mk. = 8000 Mk.; mag nun der Steuersatz in
einem Jahr 10, in einem andern Jahr 20% des Steuerkapitals betragen, das eine
steht dauernd fest, daß die Einkommensteuer das letztere Einkommen hundertmal höher
belastet als das erstere.
3. Reklamationen und Rekurse gegen den von der unteren Instanz festgestellten
Steuersatz halten die (vorläufige) Beitreibung der Steuer nicht auf.
I. Die allgemeine Einkommensteuer“). 1. a) Ihr sind alle Personen
unterworfen, die in Hessen wohnen, mit ihrem ganzen Einkommen, ausgenommen das
Einkommen aus außerhessischem Grundbesitz oder Gewerbebetrieb, sowie Gehälter und
Pensionen, welche Beamte oder deren Hinterbliebene aus der Kasse eines andern deutschen
Staates beziehen. — Auch Aktienvereine, die in Hessen ihren Sitz haben, gehören hier-
her und steuern mit ihren gesammten Ueberschüssen, mögen sie als Dividende vertheilt
oder zur Bildung von Reservefonds oder zur Schuldentilgung verwendet werden. —
Nichthessen gehören nur dann hierher, wenn sie in Hessen seit mindestens einem Jahre
ihren Wohnsitz genommen oder wenn sie daselbst des Erwerbs wegen wohnen.
1) V. v. 4. Juni 1879. 2) Siehe oben S. 63. 3) Ges. v. 29. Aug. 1874.
4) Ges., die allg. Einkommensteuer betr. vom 8. Juli 1884, V. v. 23. Juli 1884.