Full text: Handbuch des Öffentlichen Rechts. Band III.1.4. Das Staatsrecht des Großherzogtums Hessen. (4)

*s 40. Die vier direkten Steuern. 67 
allgemeine Einkommensteuer kein Deklarationszwang. Nur wenn der Steuerpflichtige 
wegen seiner Einschätzung reklamirt, kann die Landeskommission von ihm genaue Aus- 
kunft über seine Vermögensverhältnisse und sogar die eidesstattliche Bekräftigung seiner 
Angaben fordern, und zwar mit der Wirkung, daß, wenn der Pflichtige die Angaben 
nicht macht oder den Eid verweigert, die Reklamation für unbegründet angesehen wird. 
Durch übermäßige Einschätzung kann also die Einschätzungskommission die Steuerpflich- 
tigen, indem sie diese zur Reklamation nöthigt, mittelbar auch zur Auskunft über ihr 
Einkommen zwingen. Gibt der Pflichtige auf solche Aufforderung hin sein Einkommen 
wissentlich zu gering an, so verfällt er in die Strafe des vierfachen Jahresbetrages der 
Steuer, um welche er den Staat zu verkürzen suchte. 
Die Einschätzung zur zweiten Abtheilung ist dadurch noch vereinfacht, daß die 
besonderen Befugnisse der Landeskommission (eidliche Zeugenvernehmung u. dgl.) hier 
fortfallen, da ja die Landeskommission mit der zweiten Abtheilung überhaupt nichts zu 
thun hat. 
7. Die Einschätzungskommissionen sind zu strenger Amtsverschwiegenheit ver- 
pflichtet; Uebertretungen werden gegen die Mitglieder, welche Beamte sind, im Disziplinar- 
wege, gegen die übrigen Mitglieder mit Geldstrafe bis 300 Mark geahndet. 
II. Kapitalrentensteuert). 1. Ihr sind nur solche Personen unter- 
worfen, die in Hessen wohnen, und auch von diesen nur die hessischen Staatsangehörigen 
und solche Nicht-Hessen, die im Großherzogthum eine mit Erwerb verbundene Beschäfti- 
gung ausüben. Diese Beschränkung beruht auf der Besorgniß, daß vermögende Per- 
sonen, welche weder durch ihre Staatszugehörigkeit noch durch ihren Erwerb enger an 
Hessen gebunden sind, andernfalls durch die Kapitalrentensteuer aus Hessen vertrieben 
werden möchten. 
2. Befreit sind die Mitglieder des großherzoglichen Hauses — Staat und Ge- 
meinden — gewisse gemeinnützige Anstalten — auf Gegenseitigkeit gegründete Versiche- 
rungsgesellschaften, Krankenkassen u. dgl. — Personen, deren steuerbare Zinsen 100 Mark 
jährlich nicht erreichen. — Wittwen, elternlose Minderjährige und Erwerbsunfähige, 
deren Zinsbezug 750 Mark und deren Gesammteinkommen 1500 Mark nicht erreicht. 
3. Die Steuer wird von dem Reinertrage erhoben, welcher der steuerpflichtigen 
Person aus Kapitalvermögen zufließt. Frei (weil durch die Grund= und Gewerbesteuer 
bereits getroffen) ist das Kapital, welches in Grundstücken oder gewerblichen Anstalten 
angelegt ist, wohin jedoch bloße Darlehen an Grundbesitzer oder Gewerbetreibende nicht 
gehören. Dividenden und Zinsen der Aktionäre sind nur dann frei, wenn der Aktien- 
verein in Hessen gewerbesteuerpflichtig ist. — Berechnung des Reinertrages wie bei der 
Einkommensteuer. 
4. Abtheilungen oder Klassen werden nicht gebildet. Vielmehr beträgt das Steuer- 
kapital gleichmäßig 8 % des festgestellten Kapital-Reinertrags 5. 
5. Einschätzung zugleich mit der Einschätzung zur allgemeinen Einkommensteuer 
durch die nämlichen Behörden, im nämlichen Verfahren. Nur der eine Unterschied be- 
steht, daß jede Person ihre steuerpflichtigen Kapitalrenten nach bestimmtem Formular der 
Steuerbehörde anzuzeigen verpflichtet ist und ihre Anzeige auf Erfordern ergänzen und 
erläutern muß. Versäumt sie die Anzeige, so wird sie seitens der Kommission von 
Amts wegen eingeschätzt und hat gegen die Einschätzung kein Rechtsmittel. Gibt der 
1) Ges. betr. Einführung einer Kapitalrentensteuer vom 8. Juli 1884. 
2) Der Steuerausschlag 1891/92 betrug 17% des Steuerkapitals, also 1,36 % der Kapital= 
rente. Ein nur aus Kapitalrente bestehendes Einkommen wird also durch die Verbindung der all- 
gemeinen Einkommensteuer und der Kapitalrentensteuer mit höchstens 2,56 + 1,36 = 3,92% belastet. 
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