8 49. Organe der Landgemeinde. 87
6. Das Disziplinarrecht der Gemeindebeamten, mit Ausnahme des Bürgermeisters
und der Beigeordneten, ist besonders geregelt. Zu erwähnen ist, daß das Recht zur
Verhängung von Ordnungsstrafen bis 15 Mark dem Bürgermeister, bis 30 Mark dem
Kreisrathe, bis 60 Mark dem Kreisausschuß, darüber hinaus dem Ministerium zusteht 7).
Ueber die Absetzung im Disziplinarwege ist bereits zu Nro. 5 gesprochen.
7. Bei der Strafverfolgung von Gemeindebeamten wegen einer angeblichen Ver-
letzung ihrer Dienstpflichten steht dem Verwaltungsgerichtshof die gleiche Vorentscheidung
zu, wie bei der Strafverfolgung von Staatsbeamten .
§ 49. e. Organe der Landgemeinde. Wie schon erwähnt, ist die Organisation
der Landgemeinden grundsätzlich die gleiche, wie die der Stadtgemeinden. Auch hier
sind also die Organe die Gemeindevertretung, — nur daß diese natürlich nicht Stadtver-
ordnetenversammlung heißt, sondern Gemeinderath genannt wird, — Bürgermeister,
Beigeordneter — es ist nicht nöthig, daß deren zwei bestellt werden —, Verwaltungs-
deputationen und sonstige Gemeindebeamte. Auch hier wird die Gemeindevertretung durch
gleiches Wahlrecht aller Angehörigen der politischen Gemeinde gebildet, sodaß Bauer und
Tagelöhner das nämliche Stimmrecht haben, während bezüglich des passiven Wahlrechts
das höchstbesteuerte Drittel der Gemeindeangehörigen die Hälfte aller Gemeinderathssitze
beanspruchen kann.
Doch sind die folgenden Unterschiede zu erwähnen, von denen wenigstens die-
jenigen, welche den Bürgermeister betreffen, von wesentlicher Bedeutung sind.
1. Die Zahl der gewählten Mitglieder des Gemeinderaths beträgt 9—15. Außer
den gewählten Mitgliedern, Bürgermeister und Beigeordneten, hat noch derjenige höchst-
besteuerte Grundbesitzer, welcher wenigstens ¾ der in der Gemeinde aufzubringenden
Grundsteuer entrichtet oder ein Grundsteuerkapital von mindestens 1500 Gulden besitzt,
für seine Person Stimmrecht im Gemeinderath 3). Der Gemeinderath ist beschlußfähig
nur, wenn der Mitglieder an der Abstimmung theilnehmen. Verhandlungen nur
öffentlich, wenn der Gemeinderath dies beschließt, Ein Mitglied, welches seine Amts-
pflichten verletzt, kann auf Antrag des Bürgermeisters vom Kreisausschuß in eine Ordnungs-
strafe genommen werden #.
2. Der ländliche Bürgermeister wird nicht vom Gemeinderath, sondern mittels
direkter Wahl von der ganzen politischen Gemeinde (in einer zusammengesetzten Bürger-
meisterei von allen betheiligten Gemeinden zusammen) gewählt; Bestätigung durch den
Kreisrath oder wenn dieser Bedenken hat, durch den Kreisausschuß. — Amtszeit neun
Jahre. — Wählbar nur Personen, die in Hessen staatsangehörig und in der Gemeinde
stimmberechtigt sind. — Sein Amt ist Ehrenamt; deßhalb erhält er keine Besoldung,
außer in Gemeinden mit besonders verwickelter Verwaltung; nur für Geschäfte im
Interesse von Privatpersonen, sowie für Dienstleistungen außerhalb der Gemeinde bezieht
er eine Vergütung. Deßhalb kann er auch andere Aemter bekleiden, ausgenommen die-
jenigen, welche auch den städtischen Ehrenbeamten verschlossen sind, z. B. die eines Geist-
lichen, Lehrers u. s. f. Ebenso kann er ein Gewerbe betreiben; nur zum Betriebe einer
Wirthschaft bedarf er besonderer Erlaubniß des Kreisausschusses. — Disciplinär wird
er wie der städtische Bürgermeister behandelt?.
3. Die Stellung der ländlichen Beigeordneten ist dagegen der der städtischen ähnlich.
1) St O. 51, KO. 48 III, 5.
2) Dies bestimmt für Bürgermeister und Beigeordnete St O. 54, 28 52, muß aber auch
z. B. für Hemeindepolizeidiener gelten. So aus Eutsch. d . Verw. G.'s, Z. 5, S. 50.
3) Ges. v. 3. Mai 1858. Siehe Z. 2, S. 23, 30.
4) LO. 11, 41, 43, 45.
5) LO. 31, 34, 33, 30. Ges. v. 21. April 1880, Art. 4.