Full text: Volkstümliches aus dem Königreich Sachsen auf der Thomasschule gesammelt. Erstes Heft. (1)

96 Allerlei Brauch und Glauben. 
2. Auch jeder andere, der das Feld betritt und an 
der Arbeit, die er sonst nicht zu verrichten pflegt, mit teil— 
nimmt, wird angebunden (es genügt ein Strohseil, Gras- 
büschel u. dergl.). Dabei wird gern ein Spruch aufgesagt, 
wie der folgende: 
Mein Herr, ich komme zu Gunsten und Ehren, 
Sie werdens mir nicht verwehren. 
Unsere Alten 
Die habens früher auch so gehalten, 
5 Sie schnürten Kaiser, König und Fürsten. 
Wir sämtliche Leute sind sehr dürstend, 
Wir trinken gern ein Gläschen Bier oder Branntewein. 
Wollen Sie so gütig sein, 
So legen Sie's auf diesen Stein, 
10 Oder geben Sie mir's in die Hand hinein. 
(Prof. Brause, Gautzsch.) 
Allerlei Brauckh und Glauben. 
(Wofern nicht anderes bemerkt ist, aus Leipzig mitgeteilt.) 
1. Wenn meine Mutter, die früher Ziegen hatte, die 
vier Wochen alten Geißlein verkaufte, so schnitt sie immer 
einem von diesen ein Büschel Haare ab und legte es in 
eine Mauerspalte des Stalles. Das sollte bewirken, daß die 
alte Ziege sich dann eher über die Trennung von den Kindern 
beruhigte. Ferner gab der Käufer aus freien Stücken ein 
sogenanntes „Schwanzgeld“, ungefähr 20 Pfennige. Durch 
dessen Entrichtung glaubte er sich Glück für das Aufziehen 
des jungen Tieres zu erkaufen. 
(Hase Ib., Auligk b. Groitzsch.) 
2. Wenn einmal eine Henne ein sogenanntes Unglücksei 
gelegt hat — ein Ei, das nur die Größe eines Taubeneies 
hat —, so wird dieses nicht verwendet, sondern über das 
Stallgebäude aus dem Gehöft geworfen. Dadurch wird 
Unglück vom Hofe ferngehalten. (ase Ib., ebd.)
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.