Full text: Volkstümliches aus dem Königreich Sachsen auf der Thomasschule gesammelt. Erstes Heft. (1)

Walpurgisnacht. 81 
Walpurgisnacht. (1. Mai.) 
1. In der Walpurgisnacht geht die Bauersfrau hinaus 
und schließt sorgfältig alle Thüren. Dann malt sie drei 
weiße Kreuze darauf. Das geht stillschweigend vor sich, oder 
sie murmelt einige Bibelsprüche. Vor sieben Uhr muß es 
beendet sein. So schützt die Hausmutter das Vieh gegen 
die Künste der Hexengeister, die in der Nacht die Lüfte 
durchreiten. 
Der Brauch geht sichtlich zurück, aber alte Leute auf 
dem Dorfe oder in kleineren Städten halten fest daran.“ 
(Frauendorf IIIb.) 
2. Die Knaben machen Hexenspiel. Einer ist die Hexe 
und versteckt sich so, daß er möglichst schwer zu finden ist. 
Ist er gefunden, wird er durchgeprügelt. So wird die Hexe 
verjagt. An allen Thüren der Häuser, namentlich an Stall- 
thüren, Thüren zu Milchgewölben, werden drei Kreuze mit 
Kreide geschrieben, um den Hexen den Eintritt zu wehren.“) 
Auf den Mist steckt man drei Ruten von Ahlert (Prunus 
padus). (Oberlehrer Uhlig, Annaberg.) 
*) Demselben Zwecke dienen Hufeisen vor den Thüren. Diese sind 
auch ei Leipzig mehrfach zu finden, z. B. Körnerstraße 2. Professor 
ogk. 
3. In der Walpurgisnacht ging man in einen fremden 
Garten und stahl Gras. Das gab man dem eigenen Vieh 
zu fressen. So brachte man den Nachbar um den Nutzen, 
den er für das Gedeihen seines Viehes aus dem Grase 
haben wollte. (Pflugbeil lla., Linda bei Kohren 1840.) 
4. In Auligk bei Groitzsch wird die Walpurgisnacht 
noch gefeiert und zwar durch Feuer auf freiem Felde. Alte, 
abgenutzte Kehrbesen werden mit Pech getränkt und brennend 
im Kreise geschwungen, um so den Hexentanz darzustellen. 
Ferner werden alte Fässer, mit Stroh und Pech gefüllt, 
brennend herumgerollt unter großem Lärm. (Hase lb.) 
  
Dähnhardt, Volkstümliches. 6
	        
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