142 II. Reichsgesetzgebung. Art. 4.
Gesetz v. 28. Juli 1895 betr. die Bestrafung des Sklavenraubes und des
Sklavenhandels R. G. Bl. S. 425.
k) Auswanderungswesen.
Diese Materie ist durch das Reichsgesetz über das Auswanderungs-
wesen v. 9. Juni 1897 R.G. Bl. S. 463 geregelt. Es enthält aus sozial-
politischen Erwägungen strenge Kontrollvorschriften für die Unternehmer
und Agenten, welche die Beförderung von Auswanderern nach außerdeutschen
Ländern betreiben. Auch gibt das Gesetz zur Sicherheit der Auswanderer
gegen Ausbeutung eine Reihe von Bestimmungen, die für die Beförderung
der Auswanderer die Vertragsfreiheit zwischen diesen und den Unternehmern
einschränken. Zur Ausübung der Kontrolle find Landesbehörden und
Reichskommissare und ein sachverständiger Beirat bestimmt.
Ferner gehören teils in dieses Gebiet, teils in das Gebiet der Koloni-
sation die Reichsgesetze betr. die Postdampfschiffahrtsverbindungen mit über-
seeischen Ländern, durch die der Reichskanzler ermächtigt wird, die Ein-
richtung und Unterhaltung von regelmäßigen Postschiffahrtsverbindungen
zwischen Deutschland einerseits und überseeischen Ländern andererseits auf
einen längeren Zeitraum — in der Regel 15 Jahre — an geeignete deutsche
Unternehmer zu übertragen und in den hierüber abzuschließenden Verträgen
Beihülfen bis zu einem Hoöchstbetrage aus Reichsmitteln zu bewilligen.
In den Verträgen können den Unternehmern bezüglich des Schiffahrtsbetriebes
bestimmte Verpflichtungen auferlegt werden, z. B. Kurs des Schiffes, Schnellig-
keit, anzulaufende Häfen, Häufigkeit der Schiffahrtsverbindung usw. Die
Verträge bedürfen zu ihrer Gültigkeit der Genehmigung des Bundesrats
und find ebenso wie die auf Grund der Verträge geleisteten Zahlungen
dem Reichstage bei Vorlage des nächsten Reichshaushalts-Etats mitzuteilen. —
Reichsgesetze v. 6. April 1885 R.G. Bl. S. 85, v. 27. Juni 1887 R.G. Bl.
S. 275, v. 1. Febr. 1890 R.G. Bl. S. 19, v. 20. März 1893 R.G. Bl. S. 95,
v. 13. April 1898 R.G. Bl. S. 163, v. 25. Mai 1900 R.G. Bl. S. 239,
v. 3. Juni 1908 R.G. Bl. S. 361, v. 8. März 1909 R.G. Bl. S. 307.
Ziffer 2.
a) Die Zollgesetzgebung und die für die Zwecke des Reichs
zu verwendenden Stenern.
Die wichtigsten aus dieser Kompetenz des Reichs hervorgegangenen
gesetzlichen Bestimmungen sind bei Art. 35 erwähnt. Jedoch ist bei Art. 4,
der die Aufgabe hat, die Zuständigkeit des Reichs von derjenigen der Einzel-
staaten abzugrenzen, eine Prüfung der Frage am Platze, ob das Reich über
die ihm durch Art. 35 und 70 zugewiesenen indirekten Steuern hinaus
das Recht zur Erhebung direkter Steuern hat. In dem Entwurf der Ver-
fassung des Norddeutschen Bundes befand sich im Art. 4 Ziff. 2 vor dem
Wort „Steuern“ das Wort „indirekte“. Auf Antrag des Abg. Baumstark
(Reichstagssitzung von 20. März 1867 St.-B. S. 273) wurde das Wort
„indirekte“ gestrichen; alle Abgeordneten, die zur Sache das Wort ergriffen,
Baumstark, Braun, Gumprecht, Graf Schwerin, ferner der Bundeskommissar
Finanzminister von der Heydt haben bei dieser Gelegenheit ausdrücklich
erklärt, es sei damit nichts in dem Sinne entschieden, daß die direkten