III. Bundesrat. Art. 7. 233
ledigen find, vielmehr ist es gerade der Sinn und Zweck des Art. 7 Ziff. 3,
daß ein einfacher Beschluß des Bundesrats genügt. Eine Interpretation des
Reichsgesetzes im Wege eines neuen Reichsgesetzes ist nur dann erforderlich,
wenn die Auslegung auch bei den richterlichen Behörden letzter Instanz
streitig oder zu besorgen ist, daß sie streitig werden wird und auch diese
Behörden gebunden werden sollen; ihnen gegenüber ist allerdings ein Be-
schluß des Bundesrats bedeutungslos und nur der Weg der Reichsgesetz-
gebung wirksam.
V. Die außerhalb des Art. 7 bestehenden Bestimmungen
über die Zuständigkeit des Bundesrats.
Art. 7 Abs. 1 bezeichnet die Zuständigkeit des Bundesrats nicht er-
schöpfend. Der Bundesrat hat darüber hinaus noch eine Fülle bedeutungs-
voller Verwaltungsbefugnisse und in gewissem Grade die Funktionen eines
Staatsgerichtshofes; z. B. Art. 8 Abs. 3 Kenntnisnahme der auswärtigen
Politik, Art. 11 Zustimmung zur Erklärung des Krieges, Art. 19 Beschluß
der Bundesexekution, Art. 24 Beschluß der Reichstagsauflösung, Art. 72
Rechnungslegung, Art. 76 Streitigkeiten öffentlich rechtlicher Natur zwischen
verschiedenen Bundesstaaten und Verfassungsstreitigkeiten innerhalb desselben
Bundesstaats. Ferner enthalten eine große Anzahl von Reichsgesetzen Be-
stimmungen über spezielle Machtvollkommenheiten, die dem Bundesrat ein-
geräumt find. Eine Zusammenstellung befindet sich im Register des Reichs-
gesetzblattes unter dem Stichwort „Bundesrat“; vgl. Laband I S. 241 ff.
und v. Rönne 1 S. 217 ff.
Verschieden von diesen Kompetenzen des Bundesrats liegen die Fälle,
in denen die Landesregierungen durch Vermittelung des Bundesrats beschließen,
auf einem Gebiet, das ihrer eigenen Zuständigkeit, nicht der des Reichs an-
gehört, gleiches Recht zu schaffen. Eine Majorifierung ist hier ausgeschlossen;
die Landesregierungen paktieren mit einander wie selbständige Staaten, und
deshalb ist allseitige Zustimmung die Voraussetzung des Übereinkommens;
vgl. die Äußerung des stellv. Bundesratsbevollmächtigten für Württemberg
v. Schicker in der Reichstagssitzung v. 9. Febr. 1904 St. B. 805 und des
Vertreters des Reichsschatzamts zu §8 18 des Militär-Pensionsgesetzes nach
dem Bericht der Kom. für den Reichshaushaltsetat (Anl. der II. Leg.-Per.
Seff. 2 B. 6 Nr. 433), Laband Arch f.öff. R. B. 18 S. 316; vgl. ferner
Art. 4 Al 3 S. 100.
B. Der Geschäftsgang im SLundesrat.
I. Vorschläge der Bundesglieder.
Nach Art. 7 ist jedes Bundesglied befugt, Vorschläge zu machen und
in Vortrag zu bringen, und das Präfidium ist verpflichtet, die Vorschläge
der Beratung zu übergeben. Dies bedeutet, daß alle Anträge eines jeden
Einzelstaats zur Beratung gestellt werden müssen; ebenso Zorn I S. 409
A. 9 (G.O. 8§ 8).
Elsaß-Lothringen, insbesondere auch sein Landesausschuß kann einen
solchen Antrag nicht stellen, weil es kein Bundesglied ist. Hiermit ist nicht