568 X. Konsulatwesen. Art. 56.
Heimatshafens und ihrer Besatzung, endlich ihre Eigenschaft als ein Be-
standteil der Marine. Die Reichsverfassung hat in vielen Beziehungen die
Stammesunterschiede der Einzelstaaten konserviert, jedoch nur soweit es sich
um die inneren Angelegenheiten des Reichs handelt. Wenn Beziehungen zum
Ausland in Betracht kommen, und dies ist bei der Kriegs= wie bei der
Handelsmarine besonders der Fall, hat die Gesetzgebung und Politik des
Reichs es durchaus vermieden, Momente hervortreten zu lassen, die dagegen
sprechen könnten, daß das Reich ein streng geschlossenes Ganze bildet. Des-
halb dürfen gemäß § 1, 2 des Reichsges. betr. das Flaggenrecht der Kauf-
fahrteischiffe v. 22. Juni 1899 R.G. Bl. S. 319 die zur Handelsmarine
gehörigen Schiffe, d. h. „die zum Erwerbe durch die Seefahrt bestimmten
Schiffe (Kauffahrteischiffe) mit Einschluß der Lootsen-, Hochseefischerei-,
Bergungs= und Schleppfahrzeuge“ als Nationalflagge keine andere als die
Reichsflagge, also auch keine bundesstaatliche Flagge führen und zur Führung
der Reichsflagge sind die Kauffahrteischiffe nur dann berechtigt, wenn sie
im ausschließlichen Eigentum von Reichsangehörigen stehen. Den Reichs-
angehörigen werden gleichgeachtet: offene Handelsgesellschaften und Kommandit-
gesellschaften, wenn die persönlich haftenden Gesellschafter sämtlich Reichs-
angehörige sind, andere Handelsgesellschaften, eingetragene Genossenschaften
und juristische Personen, wenn sie im Inland ihren Sitz haben, Kommandit-
gesellschaften auf Aktien jedoch nur dann, wenn die persönlich haftenden
Gesellschafter sämtlich Reichsangehörige sind. Nach §§ 26, 26 a in der
Fassung der Novelle v. 29. Mai 1901 R. G. Bl. S. 184 findet das Gesetz
Anwendung auf seegehende Lustjachten, auf ausschließlich zur Ausbildung
von Seeleuten bestimmte Seefahrzeuge (Schulschiffe) sowie auf solche See-
fahrzeuge, die für Rechnung von auswärtigen Staaten oder deren An-
gehörigen im Inland erbaut sind. Machen solche Fahrzeuge von dem Rechte
zur Führung der Reichsflagge Gebrauch so unterliegen sie den für Kauf-
fahrteischiffe geltenden Vorschriften. Die Form der Reichsflagge ist durch
die Präsidial-Verordnung v. 25. Okt. 1867 B.G. Bl. S. 39 näher bestimmt.
Weder durch diese Verordnung noch durch das Reichsges. v. 22. Juni 1899
ist den Kauffahrteischiffen verboten, andere Flaggen als die Reichsflagge zu
führen; sie können auch die Flaggen einzelner Bundesstaaten führen, jedoch
wird durch diese Flaggen nicht die Nationalität des Schiffs bezeichnet; sie dienen
vielmehr nur als Abzeichen und haben keine andere Bedeutung als Stadt-
oder Nummernflaggen; vgl. die Motive zu § 1 des Entwurfs des Ges. v.
25. Okt. 1867 St. B. Anlagen Bd. II Nr. 19 S. 59. Durch Verordnung
v. 21. Aug. 1900 R.G. Bl. S. 807 ist näher bestimmt, in welchen Fällen
die Kauffahrteischiffe die Nationalflagge zu zeigen haben.
X. Konfulatwesen.
Artikel 56.
Das gesamte Konsulatwesen des Deutschen Reichs steht unter der
Aufsicht des Kaisers, welcher die Konsuln, nach Vernehmung des Aus-
schusses des Bundesrates für Handel und Verkehr, anstellt.