X. Konsulatwesen. Art. 56. 569
In dem Amtsbezirk der Deutschen Konsuln dürfen neue Landes-
konsulate nicht errichtet werden. Die Deutschen Konsuln üben für die in
ihrem Bezirk nicht vertretenen Bundesstaaten die Funktionen eines Landes-
konsuls aus. Die sämtlichen bestehenden Landeskonsulate werden auf-
gehoben, sobald die Organisation der Deutschen Konsulate dergestalt
vollendet ist, daß die Vertretung der Einzelinteressen aller Bundesstaaten
als durch die Deutschen Konsulate gesichert von dem Bundesrate an-
erkannt wird.
Die Reichsverfassung bestimmt den Begriff und die Aufgaben der
Konsuln nicht, sondern bestimmt im Art. 4 Ziff. 7 und 56 nur, daß das
Konsulatswesen eine Reichsangelegenheit ist und unter der Aufsicht des
Kaisers steht. Diese Vorschrift ist ausgeführt worden durch das im ganzen
Reich geltende Bundesgesetz v. 8. Nov. 1867 betr. die Organisation der
Reichskonsulate sowie die Amtsrechte und Pflichten der Reichskonsuln B.G. Bl.
S. 137.
Danach find die Reichskonsuln berufen, das Interesse des Reichs, nament-
lich inbezug auf Handel, Verkehr und Schiffahrt tunlichst zu schützen und
zu fördern, die Beobachtung der Staatsverträge zu überwachen und den
Angehörigen der Bundesstaaten sowie anderer befreundeter Staaten in ihren
Angelegenheiten Rat und Beistand zu gewähren. Sie müssen hierbei nach
den Reichsgesetzen und den ihnen erteilten Instruktionen sich richten und die
durch die Gesetze und die Gewohnheiten ihres Amtsbezirks gebotenen Schranken
einhalten (§ 1). Der Wirkungskreis der Konfuln beschränkt sich nicht auf
die Privatangelegenheiten der einzelnen Reichsangehörigen. Denn die
Konsuln haben die Beobachtung der Staatsverträge und überhaupt die
Interessen des Reichs, namentlich inbezug auf Handel, Verkehr und Schiff-
fahrt nicht nur mit Rücksicht auf einzelne konkrete Fälle, sondern auch
unter allgemeinen Gesichtspunkten, im Hinblick auf die Richtung, welche
die Politik des Reichs einerseits, die des ausländischen Staats andererseits
verfolgt, zu überwachen. Soweit danach ihr Wirkungskreis mit dem der
Diplomatie sich berührt, können sie natürlich gegenüber der zuständigen
diplomatischen Behörde des Reichs (Botschaft, Gesandtschaft, Ministerresidentur)
nicht selbständig vorgehen.
Inbezug auf die Bestimmung des Gesetzes, daß die Konsuln bei ihrer
Amtstätigkeit sich nach den Reichsgesetzen und den ihnen erteilten Instruk-
tionen richten und die durch die Gesetze und Gewohnheiten ihres Amts-
bezirks gebotenen Schranken einhalten müssen, ist die Frage aufgeworfen
worden, ob in Zweifelsfällen die Staatsverträge, insbesondere die sogen.
Konsular= wie die Freundschafts-, Friedens= und Schiffahrtsverträge und
Spezialgesetze dem Konsulatsgesetz v. 8. Nov. 1867 vorgehen. Dafür ist
Zorn II S. 451 ff., dagegen Laband III S. 14, Meyer Verwaltungsrecht II
S. 19 A. 6. Die von Arndt S. 724 vertretene Ansicht, daß das für den Konsul
geltende und von ihm anzuwendende Recht sich nach beiden Rechtsquellen
bestimme, enthält keine Lösung. Denn fraglich ist, welche Rechtsquelle den
Vorrang hat, wenn zwischen ihnen ein Widerspruch besteht. Die Frage
dürfte, soweit es sich um deutsches Recht handelt, nur nach den allgemeinen
Grundsätzen über die Lösung von Widersprüchen, die zwischen verschiedenen