schiebungen der Russen an unserer Grenze und
enthielt sich so sehr jeder Drohung, daß sie sogar
die aktuelle Kriegsgefahr direkt ableugnete.
Die erfolgreiche Friedenspolitik nach außen, die
fruchtbare Gesetzgebung im Innern schienen dem
Reichskanzler eine ebenso grandiose wie uner-
schütterliche Stellung zu geben.
Trotzdem fühlte er sich immer unbehaglicher.
Von allen Seiten drängte man mit Forderun-
gen an ihn heran, die, seiner Politik an sich nicht
widersprechend, ihr sogar konform, doch seiner
Individualität widerstrebten, seiner subjektiven
Auffassung nicht zusagten und denen er sich mit
einem gewissen Alterseigensinn widersetzte. Die
preußische Klassen= und Einkommensteuer be-
durfte dringend einer Neuordnung; die preußi-
sche Landgemeindeordnung zeigte unerträgliche
Mißbräuche. Die Sozialreform bedurfte einer
Ergänzung durch ein Arbeiterschutz-Gesetz so sehr,
daß der Reichstag es in einstimmigen Resolutionen
forderte. Bismarck wollte von alledem nichts wissen.
Rings um sich herum aber glaubte er Intrigen zu
bemerken, die auf seinen Sturz ausgingen oder sich
wenigstens schon darauf rüsteten, ihn zu beerben.
108