Full text: Bismarcks Erbe.

klärung abgebe, sie sei mit dem Sozialistengesetz, wie 
es der Reichstag gestaltet, zufrieden; genau genommen 
verlangte er nicht einmal das, sondern er verlangte 
nur, daß die Regierung sage, „wir legen Wert darauf, 
uns zu überlegen, ob wir ein abgeschwächtes Gesetz 
annehmen können, wir wünschen also, daß uns nicht 
die Entscheidung darüber unmöglich gemacht wird.“ 
Die Regierung tat es nicht. Bismarck erschien bei 
dieser grundstürzenden Entscheidung nicht einmal 
selbst im Reichstag. Er stellte den Satz auf, er habe 
stets daran festgehalten, daß die verbündeten Re- 
gierungen sich wohl vor Reichstagsvoten, nicht aber 
vor Kommissionsbeschlüssen beugen könnten. Thimme 
und andere Historiker haben diesen Grundsatz un- 
besehen gelten lassen, ohne sich klar zu machen, daß 
es sich jetzt gar nicht mehr um einen Kommissions- 
beschluß, sondern um die Beschlüsse des Reichstages 
selbst in der zweiten Lesung handelte, und Thimme 
fügt hinzu, daß, wenn die Regierung freiwillig auf 
die Ausweisungsbefugnis verzichtet hätte, sie sich 
selbst damit die Möglichkeit genommen hätte, die ver- 
stümmelte Vorlage von einem neuen Reichstag gleich- 
sam komplettieren zu lassen. Er beweist damit, daß 
ihm weder die damalige Lage noch die parlamen- 
tarische Praxis des Fürsten Bismarck genügend be- 
kannt ist. Einen Reichstag, bereit, das Sozialisten- 
gesetz zu komplettieren, erwartete niemand mehr, 
und die Erfahrung, die wir seitdem gemacht haben, 
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