Full text: Bismarcks Erbe.

spricht darüber deutlich genug. Der angeblich stets 
festgehaltene Grundsatz, erst den Reichstag in dritter 
Lesung abstimmen zu lassen und sich dann erst vom 
Regierungstisch zu erklären, hat wohl in der Form 
existiert, daß Bismarck bei Gesetzen, die sicher ab- 
gelehnt wurden, doch, wie er es ausdrückte, die 
Quittung verlangte, im übrigen ist aber das gerade 
Gegenteil seine ständige Praxis gewesen. Thimme 
möge einmal das Zustandekommen des ersten So- 
zialistengesetzes nachlesen. Schon in der Kommission 
(1. und 2. Oktober 1878) gab Graf Eulenburg die 
Erklärung ab, wie weit die Regierung den gefaßten 
Beschlüssen zustimmen könne oder nicht, und vor der 
dritten Lesung hielt sogar der Bundesrat eine eigene 
Sitzung, um zu erklären, daß er auf das von den 
Fraktionen (nicht vom Reichstag) geschlossene Kom- 
promiß eingehe. Bismarck selbst aber erklärte (9. Ok- 
tober 1878) gleich im Beginn der zweiten Lesung, 
daß er zwar das nach den Wünschen des Reichstages 
gestaltete Gesetz für durchaus ungenügend halte, es 
trotzdem aber annehme, um gemäß den gemachten 
Erfahrungen später Ergänzungen vorzuschlagen. Das 
ist also das gerade Gegenteil der Taktik von 1890, 
und der Unterschied ist nicht schwer zu erklären: 1878 
wünschte er, daß das Gesetz angenommen würde, 
und 1890 wünschte er, daß es zu Falle käme. 
Nun haben wir auch eine Erklärung für den völ- 
lig rätselhaften Vorgang, den Herr v. Maltzahn- 
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