uns Nachlebenden heute selbstverständlich. Um so
nötiger ist es für uns, wieder zu prüfen, welche
Schwierigkeiten Bismarck dabei zu überwinden
hatte. Wenn die Leidenschaften auch nicht mit
so elementarer Wucht aufeinanderprallten wie
1866 in Nikolsburg, so fehlt doch nicht so gar viel
daran, zugleich aber war das Werk jetzt sehr viel
komplizierter. Damals war der Gegensatz im
Grunde einfach: hier preußisch-militärisch, dort
deutsch-politisch. 1870 aber bei der Erweiterung
und Erhöhung des Norddeutschen Bundes zum
Deutschen Reiche galt es eine ganze Reihe sich
kreuzender und gegeneinander strebender Kräfte
schließlich zu einem Werk zusammenzubringen,
und wenn dort vor allem die Charakterkraft Bis-
marcks imponiert, so ist es hier die diplomatische
Geschicklichkeit, mit der er immer einen gegen den
andern ausspielte, um schließlich alle zum richtigen
Ziele hinter sich herzuziehen.
Vor dem Kriege war die große Mehrheit der
süddeutschen Bevölkerung im Einklang mit den
Monarchen in München, Stuttgart und Darm-
stadt gegen den Eintritt in den Norddeutschen
Bund. Der Krieg brachte den Umschwung, und
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