Noch im letzten Augenblick vor der feierlichen
Kaiserproklamation am 18. Januar 1871 im
Schlosse von Versailles kam es zu einem so hef-
tigen Zusammenstoß zwischen dem König und
dem Kanzler, daß dieser kein Wort des Dankes
erhielt, ja der neuproklamierte Kaiser sogar ver-
mied, den Kanzler anzusprechen.
Während das deutsche Volk mit hoher nationaler
Begeisterung die Kaiserproklamation von Ver-
sailles und das neue Deutsche Reich begrüßte und
den alten Barbarossa auferstanden sah, herrschte
unter den Werkmeistern selbst beim Abschluß eine
mürrische, unbefriedigte Stimmung hüben wie
drüben. Ich hebe das so sehr hervor, weil dieser
Gegensatz nach vielen Seiten so unendlich lehr-
reich ist. Erst in einem gewissen Abstand gewinnt
man den richtigen Maßstab für die großen histo-
rischen Ereignisse, der deshalb den Teilnehmern
selbst häufig fehlt. Noch vieles Besondere ist aus
dieser Erzählung zu lernen: wo das wahre Wesen
der Staatskunst zu suchen ist, oder daß die Summe
der verschiedenen Parteien und Richtungen keines-
wegs gleichzusetzen ist mit dem Volk als Ganzem.
Die Parteien waren mit dem geschaffenen Werk
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